Drei Fragen an: Lucas Schäfer

REDAKTION – In unserem Format „Drei Fragen an:“ befragen wir für euch Personen und Unternehmen, Vereine und Veranstalter der mittelhessischen Radsportszene. Lucas Schäfer ist ein Olympia-Ruderer und begeisterter Straßenradsportler.

Lucas Schäfer, Jahrgang 1994, ist gebürtiger Marburger und wohnt derzeit in Gießen. Dort studiert er Ökotrophologie an der Justus-Liebig-Universität und radelt in der RSG Gießen und Wieseck. Lucas ist mittlerweile in der Radszene durchaus bekannt, doch das wohl größte Ansehen erhält er in der Szene der Ruderer. Heimat verbunden startet er für den Verein Rudern und Sport Steinmühle Marburg. In seiner jüngsten Disziplin, dem Leichter Männer Einer, trainiert Lucas derzeit am deutschen Olympiastützpunkt in Frankfurt. Im vergangenen Jahr erkämpfte er zwei vierte Plätze in Weltcup-Rennen, sowie den 14. Platz bei den Weltmeistermeisterschaften in Linz. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio erreichte er im Leichtgewichts-Vierer den neunten Platz. Im gleichen Jahr die Bronzemedaille bei der EM. Zwischen all seinen Rudererfolgen – die Liste ist lang – stehen auch diverse Platzierungen mit dem Straßenrad. 2017 ein zweiter Platz beim RAD RACE Bergrennen auf den Feldberg. Der Hessenmeistertitel 2018 im Einzelzeitfahren der Elite. Nachfolgend ein achtbarer dritter Platz im C-Klasse Kriterium „Rund um das Gießener Stadttheater“. Lucas jüngster Erfolg per Pedal ist der dritte Gesamtplatz des letztjährigen Hauptrennens der Skoda Velotour in Eschborn-Frankfurt.

Man hört es oft und sah es durch Jason Osborne bei der diesjährigen virtuellen Rad-Bundesliga, dass Ruderer kraftvolle Radfahrer sind – um nicht zu sagen: Watt-Tiere. Wir überlegten uns für den mittelhessischen RadRuderer drei Fragen, die sein Leben zwischen zwei Ausdauersportarten belichten sollen.

Lucas, Du bist ein erfolgreicher Ruderer, aber auch aktiver Radsportler. Ist Radfahren für Dich, wie bei vielen Ruderern, einfach nur ein Ausgleichssport oder steckt mehr dahinter?

Ja, zu Beginn meiner Ruder-Karriere war das Rennradfahren einfach nur ein Teil meines Trainingsplanes, den ich für’s Rudern absolvierte. Ab 2016 wurde es dann mehr zu einer „Zweitsportart“. Ich begann spezifisch auch Belastungen auf dem Rad zu fahren und bemerkte, wie sich meine Leistungsfähigkeit auch auf die Pedale übertragen ließ. Danach war zwischenzeitlich auch der Gedanke vorhanden, die Sportart zu wechseln und auf das Rad umzusteigen. Allerdings, so sehe ich das, fehlen mir die nötigen Rad-Kilometer um in einem Team gut mitfahren zu können. Insbesondere auch Taktik und Technik. Deshalb habe ich mich mental zu meinen Wurzeln besonnen und bleibe erstmal dem Rudern als „Hauptsportart“ treu. Das Radfahren werde ich nebenbei auch im Training mit Fokus auf Leistungsentwicklung weiter verfolgen. Ich strebe nach 15.000 km Jahreslaufleistung, zwei bis drei Radrennen und hier und da der Teilnahme an einer RTF. Dadurch versuche ich ein bisschen am Ball zu bleiben. Darüber hinaus fahre ich Rad um neue Straßen und Wege zu entdecken. Mein Wille war es von Anfang an herauszufinden, wohin sie mich führen. Wie weit kann ich dieses Mal fahren? Auf die Art wuchs ich in Marburg auf und kenne die Stadt und den Landkreis mittlerweile auswendig.

Im Jahr 2018 sahen wir Dich auf dem Podest des Gießener Radkriteriums „Rund um das Stadttheater“. In einem stark besetzten Fahrerfeld belegtest Du einen achtbaren dritten Platz in der C-Lizenzklasse. Wie bedeutsam ist für Dich eine solche Platzierung oder auch die Teilnahme an einem Radrennen?

Für mich war das wirklich ein großer Moment. Man muss dazu wissen: ich bin Radrenn-Neuling. Gerade die Kriterien fallen mir schwer. Da ich aus dem Rudersport komme bin ich für diese Art von Rennmodi nicht trainiert. Man hat in der Saison 2018 bei mir eine sehr steile Lernkurve beobachten können – die Kriterien betreffend. Ein Indiz für einen Einsteiger. Bedeutsam war es für mich außerdem, weil ich in solchen schnellen und rasanten Rennen die Taktik eines Teams neu erlernen konnte. Das Team der RSG konnte an dem Tag eine Überrundung erzielen und ich konnte das nutzen um mich weiter vorzukämpfen. Besonders faszinierend empfand ich, dass man sich im Radteam für einander aufopfert um einen Fahrer nach vorne zu führen. Man nimmt in Kauf, auf die eigene Platzierung zu verzichten. Ein wirklich großartiger Sport.

Am Abend vor Daniel Mauser’s Everesting trafen wir auch Dich mit einem Stück Straßenkreide am Falkenberg an. Kürzlich sahen wir ein Video, dass Dich beim Coachen einer jungen Rudergruppe zeigte. In dem Fall bei einer Laufeinheit. Du bist engagiert und nimmst Dir demnach auch Zeit für andere Sportler und Sportsfreunde. Das empfinden wir äußerst sympathisch und lobenswert. Wir fragen uns, wie Du solche Aktivitäten in Deinem umfangreichen Trainingsplan unter bekommst?

Das ist nicht immer einfach. Trotzdem arbeite ich als Co-Trainer bei meinem Heimatverein, dem RUS Steinmühle, in Marburg. In meinen frühen Anfängen als Ruderer wechselte ich vom Marburger Ruderverein zum RUS Steinmühle, bei dem ich aktuell noch immer starte. Zusammen mit dem Vorstand, gründete ich den Verein im Jahr 2014. Seit nunmehr zwei Jahren engagiere ich mich als Übungsleiter für das Nachwuchstraining. Bei den Junioren kommt mein Training sehr gut an und sie schätzen meine Erfahrung als Olympia-Teilnehmer. Viel verdient man nicht mit dieser Tätigkeit. Alleine um dem Nachwuchs die Chance geben zu können, einmal auf der Hessischen, Deutschen oder Weltmeisterschaft fahren bzw. starten zu dürfen, erfüllt mich mit Stolz. Und selbst wenn es nicht um Spitzenleistung geht, kann ich ihnen den Sport näher bringen und ihnen die Werte des Sports mit auf den Weg geben. Ich glaube es ist eben diese Mentalität, die mich im Leben begleitet. Manchmal können es kleine Dinge sein, die später eine große Auswirkungen haben. Bei Daniel Mauser’s Everesting-Versuch haben mein RSG-Vereinskollege Martin Aslan und ich motivierende Sprüche auf die Straße gekreidet. Solche Dinge können einen in schweren Zeiten wieder auf die richtige Bahn bringen. Für uns/mich eine kleine Geste, für andere vielleicht mehr. Bei all dem bringe ich ohne große Probleme 20, an der Spitze 30, Stunden Training pro Woche unter einen Hut. Meiner Tätigkeit als Übungsleiter komme ich oft zwischen zwei Einheiten, sowie vor oder nach einer Einheit nach. Ich packe mir nach meinem eigenen Training etwas zum Essen ein und vertilge es, während ich die Junioren im Training begleite.

(Text: mst | Foto: Tobias Zappe)

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