Im Nationaltrikot in den Weltcup

ALBSTADT – Der UCI Weltcup im Cross Country ist gestartet! Mit Blick auf Olympia kämpften die weltbesten Fahrer*innen um die ranghöchsten Punkte. Darunter Noah Jung und Niclas Zimmer von der RSG Gießen und Wieseck.


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Ja, sie sind es tatsächlich! Die beiden U23 Mountainbiker Noah Jung (Team Delta-Bike.de) und Niclas Zimmer (Stenger Bike Team) in den Trikots der deutschen Nationalmannschaft. Ein solches Trikot zu tragen ist mehr als eine Ehre – man muss es sich verdienen! Durch herausragende Leistungen in internationalen Wettkämpfen, erhielten die beiden Vereinskollegen eine Nominierung zur Teilnahme eines Rennens der härtesten Serie des Cross Country Sports: dem UCI Mountainbike Weltcup. Für den Wiesecker Jung und Biebertaler Zimmer ist es wohl bemerkt keine Erstteilnahme. Sie durften sich bereits mehrfach das deutsche Nationaltrikot im schwäbischen Albstadt überstreifen. Dieses Mal wurden sie darin zu wahrhaftigen Überfliegern. 

Endlich wieder Albstadt

Am vergangenen Wochenende (7.-9. Mai) versammelten sich die weltbesten Fahrer*innen zu Füßen des Bullentäle. Nach der Corana bedingten Absage der Weltmeisterschaft in 2020, die kurzfristig nach Leogang umverlegt wurde, durfte die modifizierte WM-Strecke endlich unter die Räder kommen. Die Cross Country Rennen (XCO) der U23 erfolgten am Samstag. Das Training am Freitag, ehe am Abend die 40 stärksten Fahrer*innen der Elite in den Short Track Rennen (XCC) auftrumpften. Die XCO Rennen der Elite wurden am Sonntag ausgetragen und analog der XCC Rennen im Livestream übertragen. Das Rennen der U23 ereignete sich somit inmitten der Elite-Rennen auf gleicher Strecke, doch erhielt keine Übertragung für interessierte Zuschauer, die vor Ort nicht zugelassen waren.

Gedanken und Fakten vor einem Weltcup-Rennen

Wer die Rennen am Wochenende im Livestream verfolgte kennt die schwierigen Bedingungen der rund vier Kilometer langen Rundstrecke mit ihren 190 Höhenmetern. Wer bereits in den Genuss kam selbst als Zuschauer am Streckenrand zu stehen, der wird dort auch zukünftig bleiben. Die Steilheit der Auf- und Abstiege ist extrem. Extrem angsteinflößend. Extrem beeindruckend. Eine Runde in Albstadt im Getümmel der Fahrer sturzfrei zu überstehen, erfordert nicht nur höchste Konzentration, sondern auch etwas Glück. Hier gewinnt häufig nur, wer starke Kletterfähigkeiten besitzt und, das viel wichtiger ist, aus den ersten Reihen starten darf. Mit ihren Startplätzen an 84. und 86. Position machten sich Jung und Zimmer vor dem U23 Rennen keine großen Hoffnungen auf eine Platzierung im vorderen Feld. Für sie stand an oberster Stelle der sportliche Gedanke im internationalen Feld mitwirken zu können, die Szene aufzusaugen und im Rennen keinesfalls der 80-Prozent-Regelung zum Opfer zu fallen. Runde um Runde scheiden dabei alle Fahrer aus dem Rennen, die 80 Prozent unter der schnellsten Rundenzeit des Führenden liegen. Bei insgesamt 145 Startern ist das wiederum vollkommen legitim. Die beiden Mittelhessen reisten topfit und gut vorbereitet ins Bullentäle. Die täglich angeordneten Corona-Schnelltest fielen allesamt negativ aus. Alles schien einen guten Verlauf zu nehmen, doch der Schein trügte!

Noah Jung trotz starker Magenprobleme hoch konzentriert am Albstadt Drop. Foto: EGO-Promotion / Ralf Schäuble

Die Überflieger im U23 Rennen

Insgesamt fünf Runden und eine verkürzte Startrunde waren im Rennen der U23 zu absolvieren. Bereits in der Startaufstellung lief einiges schief und sorgte für Missmut. Trotz der Startplätze 84 und 86 fand man sich in der fünftletzten Reihe vor, die in etwa den Plätzen ab 100 zugeordnet war. Zudem ereilten Noah Jung starke Magenprobleme. Unmittelbar nach dem lang ersehnten Start geschahen zwei Stürze im vorderen Fahrerfeld. Es entstand ein Rückstau, der Niclas Zimmer ans Ende des Feldes schob und Kollege Jung die Flucht nach vorne versperrte. Da die Strecke größtenteils aus engen Trails besteht, fielen alle Überholmanöver äußerst Kräfte zerrend und riskant aus. Zimmer fand guter Dinge zurück ins Rennen. Er schätzte seine zwischenzeitlich erkämpfte Platzierung nahe der Mitte des Gesamtfeldes zwischen Platz 70 und 80. Runde um Runde schlugen Jung die tückischen Anstiege mächtig auf den Magen. Dennoch gelang es ihm bis in Runde vier der 80-Prozent-Regelung davon zu fahren. Dann folgte ein Überflieger dem nächsten. In einer schnelleren Abfahrt katapultierte sich Zimmer im Sektor der „Teufelswellen“ vom Sattel. Ja, er flog geradezu im hohen Bogen über seinen Lenker und landete im Streckenrand. Er fuhr weiter und konnte sich letztlich auf Platz 96 in der Ergebnisliste vorfinden. 

Niclas Zimmer nahm seinen Sturz in den Teufelswellen mit Humor: ,,Das mit dem Mountainbike fahren sollte ich vielleicht nochmal etwas üben“. Fotos: Michael Mesick

Jung stürzte ebenfalls und musste das Rennen nach seiner vorletzten Runde verletzungsbedingt und durch die 80-P-Regelung auf Platz 106 beenden. Im Krankenhaus wurde sein Kinn mit vier Stichen genäht. Hinzu kamen Schürfwunden u.a. am Kehlkopf. Etwas glimpflicher kam Zimmer davon: ,,Bis auf Prellungen und Schürfwunden zum Glück keine schlimmeren Verletzungen. Trotz der Vorkommnisse lief es eigentlich echt gut bei mir“. Das Fazit von Jung: ,,Ich bin enttäuscht über meine Leistung und das Ergebnis. Andererseits bin ich froh, dass bei meinem Sturz nicht mehr passiert ist, als ein kurzer Krankenhausaufenthalt“. Den Sieg des Rennens der U23 holte sich Carter Woods (CAN) vor David List (GER) und Simone Avondetto (ITA).

Spätestens in vier Wochen wollen Noah Jung und Niclas Zimmer wieder fit an der Startlinie stehen. In Gedern erwarten sie am Wochenende um den 5. und 6. Juni die deutschen Meisterschaften im Cross Country. 

Wer sich nachträglich einen Eindruck über die Streckenbedingungen und Härte der Rennen in Albstadt verschaffen möchte, findet die Aufzeichnungen der Elite in der Mediathek von Red Bull TV.

Hier kommt ihr zu den Rennen in Albstadt.

Hier ist bereits der Livestream für den 2. Lauf in Nove Mesto (Tschechien) am kommenden Wochenende angekündigt. 

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Matthias Steinberger
Stv. Redaktionsleitung | Leitung Fotoredaktion | Ressortleitung Mountainbike, Radreise, Technik | Formatchef "Wohin am Wochenende" | mst@radsportnachrichten.com

Wohnt in Gießen, treibt seit dem Jahr 2018 das Ressort Mountainbike voran und ist Erfinder und Leiter des Formats "Wohin am Wochenende". Als Stv. Redaktionsleiter ist er eine Säule der Redaktion und zählt zum Inventar. Seine Wurzeln liegen im XC-Sport und führten durch mehrere Stationen. Der noch immer aktive Ausdauersportler ist keineswegs festgefahren. In unserer Redaktion stürzt er sich voller Begeisterung in die Welt des Radsports.

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