BIEBERTAL – Der Nebel war so hartnäckig und schwer zu durchschauen, wie manche Gegnerinnen und Gegner beim 17. Dünsberg Mountainbike Marathon, könnte man den Tag sinnbildlich gesprochen zusammenfassen. Und in der Tat war nicht jede Herausforderung auf den ersten Blick zu erkennen.
Wenn ein Spitzenfahrer auf die Deutsche Meisterschaft verzichtet, weil es ihm beim Dünsberg Mountainbike Marathon gleich aus mehreren Gründen besser gefällt und er bei keiner Austragung fehlen möchte, darf das als großes Lob verstanden werden.
Der Start von 422 Teilnehmenden und damit 109 Fahrerinnen und Fahrer mehr als im Vorjahr, dürfte die Helfenden des 17. Dünsberg Mountainbike Marathon sehr glücklich gemacht haben – denn es gab zeitgleich zwei weitere Mountainbike-Marathons an anderen Orten, darunter die DM in Singen, die Teilnehmende zu sich hätten locken können.
Mit gutem Zuspruch, aber ohne Langstrecke
Organisationsleiter Thomas Gerlach vom AMC Rodheim-Bieber ahnte im Morgengrauen, dass dieser Tag auch beim Wetter ein richtig guter werden könnte, als er bei den letzten Arbeiten an der Strecke die Sonne aus dem Nebel aufsteigen sah, der sich zwischen Dünsberg und Vetzberg über die Ebene gelegt hatte. Als am Vorabend um 21 Uhr die Anmeldung in der Biebertaler Großsporthalle schloss, wusste er auch, wie groß der Zuspruch für den Renntag sein würde, wenngleich die erforderlichen 50 Teilnehmenden für die Befahrung der Langstrecke nicht mehr rechtzeitig zusammenkamen. Aber der Reihe nach.
Fotostrecke: Kurzstrecke vom Start durch den Nebel bis auf den letzten Kilometer vor Zieleinlauf.
Fotos: Stephan Dietel, Matthias Steinberger
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Auf Kurzstrecke entscheidende Attacke am Dünsberg gesetzt
177 Mountainbikerinnen und Mountainbiker gingen auf die Kurzstrecke mit 55,9 Kilometern und 1.390 Höhenmetern. Dorthin war auch Sascha Starker (SSG Bensheim / Stenger-Bike Team) umgebucht worden, der wie 44 weitere auf die Langstrecke gehofft hatte. Seit dem Jahr 2015 ist der Südhesse beim Dünsberg Mountainbike Marathon dabei, der sich für ihn wie ein Heimrennen anfühle und dem er auch trotz Deutscher Meisterschaft am gleichen Tag die Treue hielt. Seine „Dauerkarte auf Podiumsplätze“ zu unterbrechen, dürften sich bei der 17. Auflage dieses heimischen Höhepunkts im Mountainbikesport wieder einige zum Ziel gesetzt haben. Geschlossen ging es vom sonnigen Start an der Biebertaler Sporthalle in dichten Nebel und auch der Dünsberg war von dort nicht zu sehen. Als die Sicht auf den Hausberg an dessen Fuß sonnig wurde, habe Starker „die Karten auf den Tisch gelegt“, bevor es jemand anderes tat, denn die Fahrt in der acht- bis zehnköpfigen Spitzengruppe sei ihm taktisch nicht geheuer gewesen. Am Dünsberg attackierte Starker und fuhr das Rennen vorne alleine zu Ende. Nach 2:15:01 gewann er mit 2:18 Minuten vor seinem Teamkollegen Constantin Kolb (VC Darmstadt) und dem weit gereisten Stefan Danowski (Harvestehuder RV / Stevens Racing MTB Team). Über Platz sieben auf der Kurzstrecke freute sich Straßenfahrer Moritz Schütz (RSG Gießen und Wieseck / Pizza Mouse), der inzwischen regelmäßig einmal im Jahr auf das Mountainbike wechselt um die tolle Strecke zu genießen und die Arbeit des Organisations-Teams zu honorieren. Er hätte sich gewünscht, dass die Langstrecke stattfindet, fügte er hinzu. Nicht aber, um sie selbst zu fahren, sondern um die Langstrecken-Starter nicht auf der Kurzstrecke als Gegner zu haben. Stephanie Frank vom MTBC Wehrheim e.V., wie die Gesamtsieger Starker für das Stenger-Bike Team fährt, war nach 2:36:38 Stunden als erste Frau auf Gesamtrang 36 im Ziel. Zweite wurde Sabrina Müller (SSV Bunstruth / EGF Bunstruth Racing) nach 2:49:05 Stunde auf Platz 75 und Gwenda Rüsing (Mainzer Radsportverein 1889 / tomotion Racing by black tusk) machte auf Platz 87 nach 2:55:32 Stunden das Frauen-Gesamtpodium komplett.
Fotostrecke: Minimarathon von Start bis Ziel.
Fotos: Stephan Dietel
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Fahrzeit-Marke im Minimarathon zum Gegner erklärt
Sich selbst einen zusätzlichen Gegner geschaffen hatte Noah Jung. Der Lokalmatador von der RSG Gießen und Wieseck im Trikot des Team Delta-Bike.de fuhr nicht nur gegen 183 weitere Teilnehmende im Minimarathon, sondern auch gegen die Uhr: Nicht länger als eine Stunde wollte er für die 28,9 Kilometer und 618 Höhenmeter brauchen und dabei natürlich gewinnen. So setzte er sich auf den ersten neutralisierten Metern hinter dem Führungsfahrzeug an die Spitze. Schon im ersten Anstieg am Vetzberg zeigte sich aber, dass seine Sattelstütze einen Defekt hatte und nicht mehr oben blieb, wenn er sich hinsetzte. Für den Wiesecker, der kürzlich nach Fellingshausen zog und damit seinen Hausberg täglich im Blick hat, wurde es ein Rennen als Solist an der Spitze, aber mit der zusätzlichen Aufgabe, seinen Sattel nicht zu sehr zu belasten. Die Uhr am Zielstrich tickte unaufhaltsam über die Ein-Stunden-Marke, während Familie, Freunde und Zuschauende gespannt in die Zielkurve blickten. Nach 1:04:14 Stunde war Noah Jung dann im Ziel. 3:56 Minuten dahinter folgte Henrik Wenz (SSV Bunstruth / EGF Bunstruth Racing) aus Roth bei Marburg. Der ehemalige Mountainbike Downhiller Mauritz-Jakob Verhoeven (RSG Gießen und Wieseck) schnappte sich 23 Sekunden dahinter Rang drei des Gesamtergebnisses. Schnellste Frauen im Minimarathon waren Birgit Jüngst-Dauber (1:16:49 Stunde, FSC Bad Endbach / FSC Crossteam) auf Platz 34, Michelle Luft (1:18:55, TGV Schotten / Team HWG Gedern) auf Rang 42 und ihre Vereins- und Teamkollegin Annalena Dietz (1:22:26) auf Platz 52. Die Redaktion von Radsportnachrichten.com war nicht nur für Texte, Fotos und Videos an der Strecke unterwegs, sondern mit Mountainbike-Ressortleiter Matthias Steinberger (1:12:29) auf Platz 17 und durch Redakteur Tobias Zappe (1:18:28) auf Rang 40 im Minimarathon unterwegs.
23 Startende entschieden sich für ein Rennen mit unterstützendem Elektroantrieb in der Pedelec-Klasse, die seit einigen Jahren im Programm ist, aber wegen der unterschiedlich starken Motoren nicht als klassisches Rennen gewertet wird.
Fotostrecke: Auf dem letzten Kilometer des Gravel Race.
Fotos: Matthias Steinberger
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Hohes Tempo und Herausforderungen auf angepasster Gravelstrecke
Seit dem Vorjahr gibt es auch ein eigenes Rennen für Gravelbikes, die ähnlich dem Radcross in leichterem Gelände gefahren werden. 24 Startende waren in dieser wachsenden Fahrrad-Gattung angetreten. Die dafür auf 32,2 Kilometer und 680 Höhenmeter kurzfristig angepasste Strecke gewann nach 1:09:59 Stunde Christian Neidhardt (Rhön Racer) mit souveränen 5:17 Minuten Vorsprung. Während Neidhardt im Video-Interview mit Radsportnachrichten.com den Weg zu seinem Sieg schilderte, schnappten sich Dirk Rademacher (1:15:16, Cycling Team Rhein-Main) und Mark Glauer (1:15:19, SSV Bunstruth / EGF Bunstruth Racing) die Plätze zwei und drei. Dominik Lange von der RSG Gießen und Wieseck, der in der mittelhessischen Radsportszene als ein Favorit gehandelt worden war, kam mit nur acht Sekunden Rückstand zum Dritten auf Rang vier. Thomas Hockauf (RSG Gießen und Wieseck / Team Delta-Bike.de), der in seiner langen Laufbahn auch schon Vize-Europameister im Radcross war, wurde Fünfter mit vier Sekunden Rückstand auf den Vierten und hatte die Plätze zwei und drei lange im Blick. Doch das Tempo sei beachtlich und ein Platz weiter vorne nicht möglich gewesen. Neidhart war bei seinem Sieg mit 27,61 km/h unterwegs – und das über Wiesen, Feld- und Waldwege. Dem Organisations-Team attestierte Hockauf eine gute Arbeit an der optimierten Gravelstrecke. Ein anderer Teilnehmender sei von einer ruppigen Wurzelpassage zwar überrascht worden, doch mit etwas reduziertem Tempo sei auch diese Stelle kein Problem gewesen. Das galt auch für die vom Morgentau und dem Nebel stellenweise sehr rutschigen Wiesen. Das gehöre dazu und mache auch den besonderen Reiz aus, sagte Sieger Neidhart. Was für Max Schmid-Kreuzer von der RSG Gießen und Wieseck gar nicht dazu gehörte, war ein Defekt, der ihn stoppte, als er schon gut die Hälfte des Rennens auf Platz zwei bestritten hatte. Die verklemmte und unkenntlich verdrehte Kette konnte er jedoch nicht so einfach entwirren, sondern musste sie mit Werkzeug öffnen, regelrecht sortieren und wieder verschließen, ehe er seine Fahrt, fernab des realistisch geglaubten Podiumsplatzes, fortsetzen konnte.
Premiere für Deutsche Meisterschaft der Gehörlosen
Eine echte Aufwertung war die Deutsche Meisterschaft der Gehörlosen, die Startende weit anreisen ließ und mit Medaillen und Trikots mit den schwarz-rot-goldenen Streifen dem Rennen zusätzlichen Glanz verlieh. Martin Koppe (1:39:43, GSV Bielefeld, Masters 3), Lina Bille (1:47:41, GSV Rastatt, Masters 2 weiblich), Georgios Gerasimou (1:47:59, GSV Reutlingen, Masters 2) und Nicole Piepke (3:10:17, GSV Recklinghausen, Masters 3 weiblich) standen im Minimarathon an der Spitze ihrer Altersklassen, wie Stefan Kneer (2:41:08, GSC Bodensee, Masters 1) auf der Kurzstrecke. Sie nahmen nicht nur das Deutsche Meistertrikot aus Biebertal mit, das ihnen jetzt bis zur nächsten Meisterschaft gehört, sondern auch große Begeisterung für die Strecke, deren Publikum und den Wunsch wiederzukommen.
Begeisternde Duelle auch fernab der Spitze
Auch wenn die Duelle um die Gesamtsiege der unterschiedlichen Distanzen beim Dünsberg Mountainbike Marathon jedes Jahr für Aufsehen sorgen, ist er vor allem ein beliebtes Rennen für Jedermann und -frau, die die breite Masse bilden. Sie bestreiten seltener oder sogar nur dieses eine Mal im Jahr einen Wettkampf und nutzen die Zeit dazwischen, um zu trainieren und sich mit Wetten um Plätze und Fahrzeiten zu motivieren. Sie alle standen lange im Zielbereich zusammen, tauschten sich über das Erlebte aus und warteten gespannt auf die Ehrung der Altersklassen, die den Renntag dann mit Erfolg oder neuen Ziele für das nächste Mal zu Ende gehen ließ. 100 Helfende aus unterschiedlichen Vereinen sowie Feuerwehren, Polizei und Rettungskräfte waren in und um Biebertaler bereits zum 17. Mal für diese echte Großveranstaltung im Einsatz.
Die Ergebnisse des 17. Dünsberg Mountainbike Marathon findet ihr hier.