Biebertals Trails nichts für weiche Waden

BIEBERTAL – Beste Bedingungen für die Duelle auf seinen vier Distanzen bot der 18. Dünsberg Bike & Gravel Marathon. Der Mittelhesse Florian Anders gewann die überarbeitete Gravel-Strecke, im Minimarathon war der 15-jährige Jonas Webelhuth vorne, die Kurzstrecke war in der Hand von Juniorenfahrern und die Langstrecke schnappte sich Aaron Wilhelmi nach über drei Stunden um sechs Sekunden.

Denkbar nah an perfekt war, was den 447 Teilnehmenden beim 18. Dünsberg Bike & Gravel Marathon in Biebertal geboten wurde.


YouTube-Video | 08:30 Minuten | Impressionen des Renntags: 18. Dünsberg Bike & Gravel Marathon in Biebertal
Grafik: Jan Heilenz | Foto: Bastian Jäckel | Bericht/Schnitt: Stephan Dietel.
Kamera: Stephan Dietel / Yannik Menczigar / Bastian Jäckel.

Guter Grip für Gravel- und Mountainbike

Der AMC Rodheim-Bieber ließ seine Erfahrung aus 18-jähriger Ausrichtung einfließen und sogar das Regen-Roulette spielte dem Renntag in die Karten: Aus der richtigen Menge an Wasser während der Woche und letzten Schauern am Vortag entstand, was Organisationsleiter Thomas Gerlach im Vorfeld als Rezept für optimale Bedingungen auf der Strecke beschrieben hatte. So gab’s im weichen Boden guten Grip statt staubtrockener Pisten. Und dadurch jede Menge Fahrspaß auf dem anspruchsvollen Ritt zwischen der Biebertaler Sporthalle, dem Vetzberg, im Krofdorfer Forst und natürlich rund um den namensgebenden Dünsberg. Nebelschwaden in wechselnder Höhe und Dichte über Wald und Wiesen gaben dem ganzen auch optisch den Feinschliff.



Fotostrecke: Impressionen vom Renntag.
Fotos: Bastian Jäckel


Vier Distanzen durch neue Gravelstrecke

Als erste wurden die 45 Teilnehmenden der Langstrecke ins Rennen geschickt, denn sie sollten erst über die Kurzstrecke und anschließend den Mini-Marathon fahren und damit auf 85 Kilometer und 1.720 Höhenmeter kommen. 15 Minuten später ging es für 143 Fahrerinnen und Fahrer auf die 56 Kilometer lange Kurzstrecke mit 1.080 Höhenmetern, wiederum 15 Minuten später gefolgt von 74 Gravelbikes auf der neuen Strecke für diese Art von Fahrrädern, die auf Schotter in ihrem Element sind und 37 Kilometer und 650 Höhenmeter vor sich hatten. Mit dem Minimarathon über 29 Kilometer und 480 Höhenmetern gingen weitere 156 Teilnehmende auf die Strecke und mit den E-Bikes auf gleicher Distanz machten sich nochmal 29 Aktive auf den Weg, so dass das Marathon Abenteuer rund um den mittelhessischen Hausberg dann in vollem Gange war.

Jedes Jahr etwas Besonderes

BIEBERTAL – „So etwas gab’s noch nie und wird es wohl auch kein zweites Mal geben“, sagt Organisationsleiter Thomas Gerlach, wenn er von der vierten Auflage des Dünsberg Mountainbike Marathons erzählt und schwärmt. Die deutsche Spitze des Mountainbike Marathons und das Fernsehen waren damals in Biebertal zur Deutschen Meisterschaft zu Gast. Die Autos der Besuchenden hätten der Straße entlang bis zum Krumbacher Kreuz geparkt. Das ist inzwischen 14 Jahre her, aber in den Erinnerungen einiger noch immer sehr präsent, die die sportliche Großveranstaltung heute noch unterstützen und jedes Jahr neu auf die Beine stellen. Was genau wann war und wer wie lange schon dabei ist, verschwimmt in der Vielzahl der Veranstaltungsjahre bei manchen, denn im Gegensatz zu den Erinnerungen hat die Ausrichtung des Rennens nie eine Lücke erfahren, auch während Corona und strengen Auflagen nicht.

Lang, länger oder am längsten? Wer wie lange schon dabei ist, machen die Helferinnen an der Nummernausgabe in der Biebertaler Sporthalle am sichersten am Alter der Kinder und auch der Enkelkinder fest. Die Nachwuchsfahrerinnen und -fahrer von damals sind inzwischen selbst schon Eltern und unterstützen das Rennen jetzt in der Organisation und Ausrichtung. Das Rennen sei auf vielen Schultern verteilt, jeder habe seinen Bereich, kenne seine Aufgabe, hört man an jeder Ecke. Der Termin, immer am letzten September-Wochenende, steht seit Jahren fest – im nationalen Rennkalender und gefühlt bei allen im Ort und der Gemeinde. Urlaube und Familienfeiern werden um den Termin herum geplant. Weil es für so viele Menschen selbstverständlich ist, am Renntag in irgendeiner Funktion zu helfen, kann sich der Dünsberg Bike Marathon über so viele Jahre der lückenlosen Ausrichtung freuen, während andernorts immer wieder Radsport-Veranstaltung auch aus Mangel an Helfenden ausfallen müssen.

Viele Vereine aus dem Ort und der Gemeinde machen in Biebertal mit und sogar befreundete Motorsport-Clubs aus der Region sind da, wenn der AMC Rodheim-Bieber den Dünsberg Bike Marathon auf die Beine stellt. Das verschafft Luft für kleine Anpassungen und Neuerungen, wie zum Beispiel das 125-jährige Bestehen des Dünsberg-Vereins mit einer Fahrt durch das Keltengehöft zu feiern. Eine so solide und langjährig durchgeführte Veranstaltung dürfte nicht nur im Radsport eine Besonderheit sein.

Zur 20. Auflage in zwei Jahren könnte das Besondere dann vielleicht mal wieder mit etwas ganz Besonderem gekrönt werden.

44/15 an der Spitze im Minimarathon

Man hätte 44/15 für die Übersetzung halten können, mit der Marc Santo von der RV Gießen-Kleinlinden als Ausreißer im Minimarathon den Wiesenanstieg zum Krofdorfer Forst hochjagte. 44 war jedoch sein Alter und 15 das von Jonas Webelhuth von der Melsunger TG, der sich so früh schon an das Hinterrad des deutlich älteren Naunheimers geheftet hatte. Einige Sekunden dahinter folgten der Biebertaler Erik Büchele (AMC Rodheim-Bieber / Team DELTA-BIKE.DE) und Marco Stösser (RV Zobel), ebenfalls im Doppelpack, vor ihren 172 Verfolgenden – die erste Selektion für das Podium des Minimarathons war damit schon erfolgt. Die Entscheidung um den Sieg auf dieser Distanz fiel dann aber knapp aus: Nach 1:07:39 Stunde gewann Jonas Webelhuth mit neun Sekunden Vorsprung vor Marc Santo und dem Drittplatzierten Erik Büchele. In ihren Altersklassen – U17, Masters II und Herren, standen alle drei dann ganz oben auf dem Podium und auch für alle anderen Teilnehmenden konnte es sich in den Einzelwertungen lohnen, sich von Beginn bis zum Ende durchzukämpfen. Schnellste weibliche Teilnehmerinnen waren Annalena Dietz (1:26:29 Stunde, TGV Schotten / Team HWG Gedern) auf Rang 33, vor Michelle Sausy vom RV Zobel auf Platz 74 und Maya Helene Roth (1:40:34, F-WERKS Girls) auf Platz 81.



Fotostrecke: Impressionen vom Renntag.
Fotos: Heropixx, Andy Eyring
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Anders am Vetzberg offensiv, Hartmann gestürzt, Zimmer „zu Hause“

So ging es auch im Rennen für Gravelbikes gleich mächtig zur Sache als die neutralisierte Fahrt mit dem Ausscheren des Führungsfahrzeugs auf der Anfahrt zum Vetzberg zu Ende und das Rennen vollends eröffnet war. Florian Anders von der RSG Gießen und Wieseck nahm die ersten der 650 anstehenden Höhenmeter offensiv in Angriff. Für seinen Vereinskollegen Niclas Zimmer, dessen Elternhaus am Vetzberg steht, war es hingegen einfach eine von vielen Auffahrten. Er lässt es im Radrennsport ruhiger angehen – sein zweites Rennen der Saison sollte zugleich sein Abschluss sein, bei dem er sich auf dem Gravel- statt dem Mountainbike sehr gut fühlte. Vorjahressieger Christian Neidhart wollte am Start noch „so viel Spaß haben wie letztes Jahr auf der Strecke“. Doch damit war nach gut der Hälfte der Distanz, am Fuße des Dünsbergs, nach einem Hinterrad-Reifenschaden schon Schluss.

Jöken Wucherpfenning schnellste Frau

Mit lautstarkem Beifall wurden die Teilnehmenden den Anstieg vom Krofdorfer Forst an den Dünsberg hinaufgetrieben, vorbei an der ersten von drei Verpflegungsstationen. Dahinter machte die Strecke einen Abstecher durch das Keltentor und das Keltengehöft, denn der Dünsberg Bike & Gravel Marathon trägt jetzt den Beinamen Celtic Race und damit einen wichtigen Teil der örtlichen Geschichte in seinem Titel, die er den Teilnehmenden und Besuchenden näher bringen möchte. Ins Geschichtsbuch der 18. Auflage konnte sich dann nach 1:24:37 Stunde Florian Anders eintragen, 1:24,7 Minute vor Niclas Zimmer dem sechs Sekunden dahinter folgenden Biebertaler Jonas Hartman (Pizza Mouse / #biebertalrollt). Der hatte sein Rennen schon an sich vorbeiziehen sehen, als er nach einem Sturz in der Abfahrt vom Vetzberg Schaltwerk und Kette sortieren und den kassierten Rückstand kompensieren musste. Schnellste Frau war Jöken Wucherpfenning nach 1:52:24 Stunde auf Rang 40, vor Stefanie Wendt (2:02:19, Team Starbikewear / AVIA Racing Team p/b M. Schult) auf Platz 51 und Rhabea Felicitas Kahn (Dilltaler Zipfelklatscher).

18. Dünsberg Bike & Gravel Marathon
Angezogen vom mittelhessischen Hausberg: Hunderte gingen beim 18. Dünsberg Bike & Gravel Marathon Biebertal auf die vier Distanzen um den Dünsberg, durch dessen Wiesen und Wälder. Foto: Bastian Jäckel
Junioren bestimmen und gewinnen Kurzstrecke

Fest in der Hand von Juniorenfahrern war die Spitze der Kurzstrecke. Sven Pollack (RadWerk Upland Willingen / Riese&Müller MTB Racing) setzte sich nach 56 Kilometern und 2:20:45 Stzunde Fahrzeit, die auch über den Dünsberg führten, vor seinem Teamkollegen Pepe Schulz (VC Darmstadt 1899) und 1:10 Minute vor seinem Vereinskollegen Julius Welsch durch. 0,2 Sekunden machten Friderike Schnatz (Radwerk Upland e.V. / KS Bikeshop Freiburg) nach 2:41:41 Stunde zur besten weiblichen Teilnehmerin und Hessenmeisterin auf der Kurzstrecke vor Michelle Luft (TGV Schotten / Team HWG Gedern) und Stephanie Frank (2:44:19, MTBC Wehrheim). Für die Damen, Junioren und die Masters III und IV mit Rennlizenz gab es auf dieser Distanz auch die Hessenmeisterschaft im Mountainbike Marathon zu gewinnen, deren Silbermedaille und Vizemeisterschaft der Masters III und IV sich Christian Siebert von der RV Gießen-Kleinlinden / AVS Verkehrssicherung zwischen Sieger Thorsten Damm (Melsunger TG 1861 / Scott Fahrradladen Gudensberg) und Bronzemedaillen-Gewinner Bojan Bohorc (Cycling Team Rhein Main Rödermark / Spengler) schnappte.

Reifenschaden bremst Noah Jung aus

Die Teilnehmenden der Langstrecke spulten unterdessen seit dem Morgen Kilometer um Kilometer ab. Aaron Wilhelmi (MT Melsungen) und Lokalmatador Noah Jung (RSG Gießen und Wieseck), die zusammen für das Team DELTA-BIKE.DE fahren, hatten von Beginn an das Tempo hochgehalten. Ihrer Tempoarbeit, die sie in diesem Jahr bei Mountainbike-Etappenrennen in Südafrika und in der Schweiz perfektioniert haben, konnte nach 40 Rennminuten nur Mastersfahrer Peter Hermann (Endspurt Herford / Mondraker Rockets) folgen. Am Steilstück zum Dünsberg musste Noah Jung mit einem Reifenschaden kurz stoppen, so dass Wilhelmi Hermann dann alleine vorne waren. In der Abfahrt konnte sich Wilhelmi absetzen und seinen Vorsprung auf Hermann deutlich vergrößern. Als sie das Ziel passierten, um abschließend noch die Minimarathon-Strecke zu fahren, lagen einige Minuten zwischen den beiden, von denen Aaron Wilhelmi nach 3:20:35,1 Stunden aber nur knappe sechs Sekunden in Ziel retten konnte.

Aaron Wilhelmi

„Ich habe ihn irgendwann wieder gesehen. Der ist ja dafür bekannt. Ein richtiger Ekel-Treter. Ich hätte auch nicht viel länger durchgehalten. Wenn das Rennen fünf Kilometer länger gewesen wäre, wäre er wieder gekommen.“

Aaron Wilhelmi,
MT Melsungen / Team DELTA-BIKE.DE

Nach einer „semi guten Vorbereitung“ und dem Reifenschaden kostet Noah Jung die Nachführarbeit viel Kraft. Aus dem „Kampf gegen die Uhr und gegen sich selbst“ wurde zum Saisonabschluss Gesamtrang drei und die Vize-Hessenmeister der Herren hinter Aaron Wilhelmi. Die Bronze-Medaille der Meisterschaft schnappte sich der Wahl-Gießener Luca Adler vom TV Bad Orb als Elfter. Hinter Jonas Müller von der SSG Bensheim / collective:mind racing fuhr Andreas Schmidt vom TV Haiger die Vize-Hessenmeisterschaft der Masters 1 vor Bronzemedaillen-Gewinner Henrik Wenz vom RSV Marburg ein.

Minimarathon in Kelten-Kleidung bestritten

Eine Wertung für das originellste Trikot hätte man Steffen Failing vom AMC Rodheim-Bieber zusprechen wollen, der in keltischer Kleidung den Minimarathon bestritten hatte und damit das neu benannte Celtic Race als 94. auch optisch gelungen ins Ziel brachte.

Ergebnisse

Alle Ergebnisse vom 18. Dünsberg Bike & Gravel Marahton findet ihr hier.

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Stephan Dietel
Stephan Dietel
Gründer | Redaktionsleitung | CvD | Ressortleitung Straße | Leitung Multimediaredaktion | sd@radsportnachrichten.com

Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.

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