Feldhaus fliegt im Taunus allen davon

ESCHBORN/FRANKFURT – Der ehemalige Wahl-Gießener Sean Feldhaus hat die Skoda Velotour, das Jedermann-Rennen beim Radklassiker Eschborn-Frankfurt am 1. Mai gewonnen. Sein Sieg darf als Sensation gewertet werden, denn Feldhaus selbst war überrascht, dass ihm dieser Coup glückte. Vom Ausgang ihres Rennens überrascht war auch Julia Schallau aus Allendorf an der Lahn, die stürzte und am Ende als Zweite strahlte.

Rund 6.200 Teilnehmende waren im Jedermann-Rennen des Radklassikers unterwegs. Nach einem Jahr Pandemie bedingter Pause und der Terminverlegung auf September im Vorjahr fand das Rennen jetzt wieder an seinem traditionellen Datum am 1. Mai statt.

Über 3.000 Teilnehmende erreichten auf der mit 100 Kilometern längsten von drei Strecken des Jedermann-Rennens das Ziel. Nicht nur die stattliche Zahl Startender sondern auch die anspruchsvolle Streckenführung durch den Taunus sollte es mit rund 1.700 Höhenmetern sehr schwer machen, sich in den vorderen Reihen der Ergebnisliste zu behaupten.

Vom Start in Eschborn ging es in die Frankfurter Innenstadt, durch den Zielbereich für das spätere Profi-Radrennen an der Alten Oper und von dort über alle legendären Anstiege und die Höhen des Taunus zurück nach Eschborn. Keine Überraschung waren die ersten Tempoverschärfungen auf der Fahrt aus Frankfurt heraus. In Oberursel waren diese frühen Vorstöße aber schon wieder Geschichte, als die rund 50 Fahrer zählende erste Gruppe in den elf Kilometer langen Anstieg zum Feldberg ging. Martin Maertens (25:33 Minuten) und Laura Tibitanzl (28:36 Minuten, Team greybee) schnappten sich hier mit der schnellsten Fahrzeit das Bergtrikot und die Prämien der Tissot Bergwertung. Auf Platz zwei der Frauen hinterließ Julia Schallau hier ebenfalls ein Ausrufezeichen am Feldberg, wie auch der Schottener Tobias Eise (iQ athletik) auf Platz vier der Männer. Der Angelburger Christoph Mai sorgte mit Platz elf am Berg für ein weiteres achtbares Resultat – nicht nur aus mittelhessischer Sicht. Viele weitere heimische Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten bei der Durchfahrt in der über 4.000 Namen langen Liste der Bergwertung.

Angriff am Ruppertshainer Berg

Mit Bergkönig Martin Maertens hatten sich kurz vor dem Taunus-Gipfel drei weitere Fahrer an die Spitze des Rennens gesetzt. Bei Niederreifenberg war dieser Vorstoß aber wieder Geschichte und Sean Feldhaus, der erfahrene Mountainbiker und ehemalige Gießener Student trat nach Platz 18 am Feldberg dann im Anstieg zum Ruppertshainer Berg so richtig in Erscheinung. Feldhaus, der auf der Straße für das Team Strassacker fährt, konnte seinen Vorsprung bis auf eineinhalb Minuten ausbauen und lag auch am legendären Mammolshainer Berg, rund 12 Kilometer vor dem Ziel, immer noch in Führung. Seine Verfolger versuchten unterdessen, die Lücke zu ihm weiter zu verkleinern. Rund 30 Sekunden konnte Feldhaus über den Anstieg retten und seinen Vorsprung bis zum Ziel in Eschborn wieder auf knapp eine Minute ausbauen. So konnte er den Zieleinlauf als Tagessieger mit ausreichend Vorsprung sogar ungefährdet genießen. Dafür sorgten auch seine Teamkollegen Moritz Palm und Timo Dahlheimer, die ihm bei den Verfolgern den Rücken frei hielten und sich mit Platz zwei und drei belohnten.

Team Strassacker beim Radklasskier Eschborn-Frankfurt 2022. Foto: Lena Heine
Freuten sich über den Sieg ihres Teamfahrers Sean Feldhaus (Mitte) und über die damit aufgegangene Teamtaktik: Die Fahrer des Team Strassacker bei der Siegerehrung nach der Skoda Velotour beim Radklassiker Eschborn-Frankfurt. Foto: Lena Heine

Attacke war Teil der Taktik

„Überhaupt so ein Rennen zu gewinnen, ist schon eine mega Leistung. Aber, dass es dann mit einem Solo ist, der schon 35 Kilometer vor dem Ziel anfängt, ist dann schon was richtig Besonderes, wo ich auch sagen muss, dass es ohne das Team wohl nicht gegangen wäre“, äußerte sich Feldhaus auch Stunden nach seinem Sieg glücklich, überrascht und dankbar. Seine Attacke sei Teil der Teamtaktik gewesen, die darauf ausgerichtet gewesen sei, die Konkurrenz zur Arbeit zu zwingen. Dazu gehörte, am Anfang ein so hohes Tempo zu fahren, dass nur die Stärksten über den Feldberg kommen würden und früh eine Selektion stattfindet. Man wollte es nicht, wie in der Vorwoche in Göttingen, auf ein Sprintfinale ankommen lassen und dabei erneut Gefahr laufen, nach zu viel eigener Führungsarbeit den Kürzeren zu ziehen. Der Tempotaktik des Teams fiel Feldhaus am Feldberg fasst selbst zum Opfer. Doch er erholte sich nach dem Gipfel wieder, fühlte sich sogar richtig gut und freute sich darauf, die geplante Attacke am Ruppertshainer Berg zu starten. Damit war die Konkurrenz gezwungen, die Nachführarbeit aufzunehmen und den Strassacker-Team Erfolg zu verhindern.

Am Mammolshainer Stich konnten sie sich sehen

Verwinkelte Abfahrten und kurze Gegenanstiege seien für ihn als Mountainbiker bei der Flucht von Vorteil gewesen, schilderte Feldhaus, der seinen Vorsprung ausbauen konnte, während die Teamkollegen hinten quasi die Beine hochnahmen und das Tempo verschleppten. Er habe dann „nur noch halbwegs lebend über den Mammolshainer Berg kommen“ wollen. In der flachen Anfahrt dorthin hätte er deshalb etwas Tempo rausgenommen, was seinen Vorsprung auf knapp 30 Sekunden schrumpfen ließ. Der rund zwei Kilometer lange Stich hat eine durchschnittliche Steigung von acht Prozent. Sein Ende ist aber mit 300 Metern Länge und über 20 Prozent Steigung nur sehr schwer auf dem Fahrrad zu bezwingen. Dort konnten sich Feldhaus und seine Verfolger sogar sehen. Die Arbeit seiner Mannschaftskollegen hätte dann sehr großen Anteil daran gehabt, dass er es als Solist bis ins Ziel nach Eschborn schaffte und den Vorsprung wieder auf rund eine Minute vergrößern konnte, schilderte der Vorjahressieger des Dünsberg Mountainbike Marathon den Weg zu seinem jüngsten und bis dato wohl größten Erfolg auf dem Rennrad.

Schallau stürzt und wird starke Zweite

Ebenfalls mit Vorsprung feierte die schnellste Frau ihren Sieg beim Jedermann-Rennen des Frankfurter Radklassikers. Wie im Vorjahr war es Laura Tibitanzl, die diesjährige Tissot Bergkönigin, die sich nach 2:43:21 Stunden mit mehr als einer Minute vor der Zweitplatzierten feiern lassen durfte. Auf Platz zwei in der Bergwertung und im Ziel in Eschborn sorgte eine Mittelhessin ebenfalls für eine Glanzleistung: Julia Schallau aus Allendorf an der Lahn fügte ihrer sportlichen Laufbahn mit Platz zwei im Tagesergebnis der Frauen ihrer sportlichen Laufbahn ein dickes Ausrufezeichen hinzu.

„Im Endeffekt lief es dann ja nicht so schlecht“

Julia Schallau, Zweitplatzierte im Frauen-Rennen über 100 Kilometer

Schreckmoment und Schmerzen

Wie aufregend und im wörtlichen Sinne aufreibend ihr Rennverlauf war, wurde erst in ihrem persönlichen Rückblick deutlich: Sie sei wegen des ausgesprochen großen Startfeldes aufgeregt gewesen. Ihr Platz im ersten Startblock stimmte sie aber ebenso positiv, wie ihre Vorbereitung, denn den Anstieg zum Feldberg hatte sie sich zuvor zwei Mal im Training angesehen. Die ersten Rennkilometer seien dann sehr hektisch gewesen und sie habe häufig Stürze im Feld der Teilnehmenden gehört. Einem der Stürze konnte sie dann nicht mehr ausweichen und kam vor dem Feldberg selbst zu Fall. Neben dem Schreckmoment und einer schmerzenden Hand kostete die Nachführarbeit dann viel Kraft, um ihren vorderen Platz im Feld wieder einzunehmen.

„Im Endeffekt lief es dann ja nicht so schlecht, dafür dass ich hingefallen war, keine Verpflegung mehr hatte, weil mir auch meine Trinkflaschen wegefallen sind bei dem Sturz. Da war ich dann doch ziemlich happy, dass ich noch als Zweite ins Ziel gekommen bin. Und ich hab mich natürlich mega für Sean (Feldhaus, Anm. d. Red.) gefreut, dass er das gewonnen hat“, schloss Julia Schallau ihre Bilanz des Frankfurter Radklassikers hörbar fröhlich ab. Hinter ihr nahm Tina Büttner (drahtesel-lützelbach.de) Platz drei auf dem Podium der Frauen im Gesamtergebnis der 100-Kilometer-Strecke ein.

Ergebnisse

Alle Ergebnisse der Skoda Velotour beim Radklassiker Eschborn-Frankfurt findet ihr hier.

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Stephan Dietel
Gründer | Redaktionsleitung | CvD | Ressortleitung Straße | Leitung Multimediaredaktion | sd@radsportnachrichten.com

Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.

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