Vorbei, bevor es richtig los ging

GIESSEN – Der Verkehrsversuch in der Stadt Gießen soll zurückgebaut werden. Am Montag (11.09.) wurden erste Maßnahmen zurückgenommen, die Bestandteil gerichtlicher Verfahren waren und letztlich dem gesamten Verkehrsversuch das vorzeitige Aus brachten. Doch es gibt Widerstand gegen den Rückbau.

Gegen den Rückbau des Verkehrsversuchs in der Stadt Gießen engagieren sich jetzt Menschen, die sich für eine Verkehrswende in der Stadt einsetzen. Sie brachten ihre Argumente am Montag (11.09.) vor dem Gießener Rathaus zu Gehör, als dort am Abend der Verkehrsversuch im Magistrat der Stadt behandelt wurde.


YouTube-Video | 02:27 Minuten | Verkehrsversuch in Gießen soll zurückgebaut werden
Grafik: Jan Heilenz | Foto: Stephan Dietel | Bericht/Kamera/Schnitt: Stephan Dietel.

Zwei von drei Straßen wurden zurückgebaut

Einige Stunden zuvor waren in der Senckenbergstraße und der Braugasse die dortigen Einbahnstraßen-Regelungen, die im Juli erst eingerichtet worden waren, wieder aufgehoben worden. Urteile des Verwaltungsgerichtshof in Kassel hatten die Stadt zur Zurücknahme ihrer Umbau-Maßnahmen veranlasst, nach dem mit Eilanträgen gegen die geänderte Verkehrsführung in diesen beiden Straßen geklagt worden war. Bestandteil dieser Klage war auch die Landgrafenstraße, die im Rahmen des ersten Bauabschnitts zur Einrichtung des Verkehrsversuchs durch Pfosten zu einer Sackgasse gemacht worden war. Anders als die beiden Einbahnstraßen-Regelungen wurden die Pfosten am Montag (11.09.) aber noch nicht entfernt, denn eine Mahnwache soll sie gegen den drohenden Rückbau absichern.


Rückblick: Erster Bauabschnitt eröffnet

Verkehrsversuch auf dem Anlagenring in Gießen

Getrennte Wege für optimiertes Miteinander

GIESSEN – In der Stadt Gießen wurde am Montag (10.07.) der erste Abschnitt eines Verkehrsversuchs freigegeben, der auf dem Anlagenring in der Gießener Innenstadt die Verkehrsräume von Radfahrenden und motorisiertem Verkehr neu ordnet. Ein Gerichtsurteil könnte, wenn es rechtskräftig wird, den Verkehrsversuch kurz nach seinem Start schon zum Kippen bringen. […]

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Aus, kurz vor der Fertigstellung

Dass der Stadt Gießen die rechtliche Grundlage für einen flächendeckenden Verkehrsversuch fehlt, war eine für das gesamte Projekt am Ende fatale Erkenntnis, die durch die Klagen deutlich geworden war. Die Stadt Gießen hatte sich im Zuge dieser Gerichtsurteile des Verwaltungsgerichtshof Kassel dazu entschieden, den gesamt Verkehrsversuch wieder zurückzubauen.

Drei von Bauabschnitten waren bereits abgeschlossen und der vierte und letzte Abschnitt sollte gerade begonnen werden, als das vorzeitig Aus für den Verkehrsversuch beschlossen wurde. Er soll ursprünglich den motorisierten und den nicht motorisierten Verkehr auf dem Anlagenring in der Gießener Innenstadt voneinander trennen. Radfahrende sollten auf eigenen Fahrradstraßen in zwei Richtungen über die ringförmig durch die Stadt führenden Straßen fahren können. Autos sollten in einer Einbahnstraßen-Regelung zwei von ehemals vier Fahrspuren nutzen können. Aus dem für ein Jahr geplanten Versuch erhoffte man sich eine verbesserte Verkehrsführung und Erkenntnisse, die der Stadt eine Verkehrswende für die Zukunft ermöglichen sollten.

Fahrradstraßen für Kraftfahrzeuge freigegeben

Gut drei Viertel des Anlagenrings sind aktuell im September 2023 soweit umgebaut, dass die Idee des Verkehrsversuch und dessen praktische Umsetzung in der Gießener Innenstadt beispielsweise mit dem Fahrrad live erlebt werden kann. Wer die Fahrradstraßen auf dem Anlagenring in Gießen nutzt, sollte jedoch gut aufpassen, denn die während der Bauzeit und jetzt erneut veränderte Verkehrsführung sorgt mitunter für Missverständnisse der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden. Seit Montag (11.09.) erlaubt ein Zusatz an der Beschilderung auf den Fahrradstraßen, dass auch Kraftfahrzeuge auf ihnen fahren dürfen.

Mahnwache in der Landgrafenstraße beim Verkehrsversuch in Gießen
Werden vorerst bis Ende September von einer Mahnwache begleitet: Die Pfosten in der Landgrafenstraße, die nach einer Klage, wie Einbahnstraßen-Regelungen in zwei weiteren Straßen, zurückgebaut werden müssen. Foto: Stephan Dietel

Vollständiger Rückbau könnte dauern

Bis die Firmen den Anlagenring wieder umbauen können, die ihn kürzlich in den Zustand für den Verkehrsversuch versetzt hatten, könne es einige Zeit dauern, hieß es aus dem Gießener Rathaus. Der vollständige Rückbau des Verkehrsversuchs werde voraussichtlich erst im Frühjahr 2024 vollständig erfolgt sein. Vielleicht bläst den Verantwortlichen der Stadt dabei erneut Wind des Widerstandes entgegen, denn jetzt wollen sich Menschen gegen den Rückbau engagieren, die sich für eine Verkehrswende in der Stadt einsetzen. Der Verkehrsversuch und die Tatsache, dass jetzt bereits ein großer Teil der Verkehrsführung in der Stadt zugunsten Radfahrender umgebaut ist, ist in ihren Augen ein wichtiger Schritt hin zu einer Verkehrswende in der Stadt Gießen.

Mahnwache gegen den Rückbau

Die Mahnwache an den Pfosten in der Landgrafenstraße ist derzeit bis Ende September angemeldet. Die Pfosten machen die Straße zu einer Sackgasse, die laut Gerichtsurteil ebenfalls wieder zurückzubauen ist. Wann das geschehen wird und ob das durch die Mahnwache überhaupt möglich sein wird, bleibt abzuwarten, wie unser Video vom Verkehrsversuch in Gießen zeigt.

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Profilfoto Stephan Dietel Radsportnachrichten
Stephan Dietel
Gründer | Redaktionsleitung | CvD | Ressortleitung Straße | Leitung Multimediaredaktion | sd@radsportnachrichten.com

Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.