GELNHAUSEN – Die zweite Auflage des Red Bull Hill Chasers absolvierte der Gießener Student Luca Adler nicht nur auf dem Podest der Mountainbike Kategorie, sondern besiegte auch den fünfmaligen Weltmeister im Cross-Country Eliminator aus Frankreich. Seinem sportlichen Doppelgänger gelang ähnliches in der Road und Gravel Kategorie.
Ist es noch eine befahrbare Straße oder doch eher eine Wand? Der im Radsport verwendete Begriff „Kletterspezialist“ erhielt vergangenen Sonntag (03.09.) in Gelnhausen seine wortwörtliche Daseinsberechtigung. Die zweite Auflage des Red Bull Hill Chasers lockte rund 270 Teilnehmende in das Zentrum der Barbarossastadt. Umgeben von schmucken Fachwerkhäusern startete am Untermarkt das 700 Meter knackige Bergrennen über Kopfsteinpflaster und Asphalt. Die durchschnittlichen 10 Prozent Steigung stellen zunächst keine Besonderheit dar. Doch oben, im Franziskanerweg, wartete der herausforderndste Höhepunkt des Rennens. Spitzensteigungen bis zu 32 Prozent ließen den Zielbogen in schier endlose Weiten rücken. Begonnen mit Schlangenlinien bis zum Stillstand der Kurbelarme war in einer der steilsten Straßen Deutschlands für einzelne Teilnehmende das Ziel nur noch schiebend erreichbar. Wer besonders erfolgreich gewesen ist, durfte die Haltbarkeit seiner Fahrradkette gleich drei Mal auf die Probe stellen.
Impulsives Heimrennen für Luca Adler
Der in Gießen-Wieseck wohnende Student Luca Adler (TV Bad Orb) war einer von fünf Mountainbikern, die den mächtigen Anstieg in dreifacher Ausführung bestritten. Obwohl amtierender U23 Hessenmeister im Straßen-Bergzeitfahren, wählte der Gelnhäuser Lokalmatador für sein Heimrennen das Mountainbike-Hardtail mit schmaler Reifenwahl. Insgesamt drei Frauen und 32 Männer wurden in 5er Gruppen aus der Altstadt verabschiedet. Alleine der Gruppensieg entschied weniger über das Weiterkommen, sondern viel mehr die Fahrtzeit der 15 schnellsten Fahrer. Mit der Bestzeit des ersten Durchganges ließ Adler nach beachtlichen 1:59 Minuten keine Zweifel aufkommen. Der amtierende U23 Vize-Hessenmeister im olympischen Cross Country setzte ein erstes starkes Ausrufezeichen. Im zweiten Durchgang stampften erneut drei Gruppen je fünf Fahrer hinauf in den Franziskanerweg. Seine verbesserte Zeit von 1:55 Minuten verhalf Adler auf den dritten Platz und Einzug in das Finale der verbliebenden Top Fünf. Ein letztes Mal die Zähne zusammen beißen und alle Kräfte mobilisieren. Im alles entscheidenden Durchgang ereignete sich ein durchaus spannender Zielsprint zwischen Luis Neff (ROSE Racing Circle Team), Constantin Kolb (Stenger-Bike-Team), Luca Adler und dem fünfmaligen Weltmeister im Cross-Country Eliminator Titouan Perrin-Ganier aus Frankreich – während Matthias Lauer sichtlich angeschlagen zurück lag. Die vorgenannte Reihenfolge blieb unverändert, sodass sich Neff nach 1:56 Minuten den Sieg vor Kolb und Adler (beide 1:58 min) erkämpfte. Perrin-Garnier folgte zwei Sekunden zurück liegend. Vor nahezu heimischen Publikum war es für Luca Adler ein haarscharfer Flug auf das Siegerpodest.
Die Ergebnisse für alle Kategorien und Durchgänge findet ihr hier.
Das Rennen der drei Frauen entschied sich, mangels Teilnehmerinnen, bereits im ersten Durchgang. Marion Fromberger, deutsche Meisterin im Cross-Country Eliminator, dominierte das Red Bull Hill Chasers nach 2:34 Minuten vor Christine Hoffmann und Tamina Büttner.
Ex-Wiesecker ebenfalls auf Platz drei
Es könnte den Eindruck erwecken, dass wer mit einem Mountainbike des Herstellers Mondraker für das Studium in eine Wohngemeinschaft nach Gießen-Wieseck zieht, für weitaus größeres vorgesehen ist. Die Gemeinsamkeiten zwischen Luca Adler und dem zuletzt in Wieseck wohnenden Sean Feldhaus sind jedenfalls erschreckend. Um nur Auszüge zu nennen: gleiche Mountainbikes, ähnliches Auftreten, der Flow im Trail nahezu deckungsgleich und in zwei Radsportbereichen zunehmend erfolgreich. Vermutlich holt auch Adler seine Barilla Nudeln, immer zum Aktionspreis, im roten Lebensmittelmarkt in der Marburger Straße – auf einem rostigen Stadtrad. Wundern würde es uns nicht.
Auf dem Siegerpodest in Gelnhausen standen beide am Ende auf dem dritten Platz, doch Feldhaus im Trikot des Teams Rolinck Racing Steinfurt I Münster in der Wertung Road und Gravel. Der bei gebioMized in Münster angestellte Allrounder absolvierte auf seinem Straßenrad drei impulsive Durchgänge. Im Finallauf der Top Fünf, der rund 200 gestarteten Männer, bewältigte er das steilste Stück beinahe komplett in einer Übersetzung von 46-32 Zähnen. Sein kraftvoller Antritt verhalf Feldhaus nach 1:57 Minuten auf das Gesamtpodest. Nur vier Sekunden später folgte Andre Greipel auf Platz vier. Den Sieg erkämpfte sich Titelverteidiger Florenz Knauer (Team 54×11) in 1:50 Minuten vor Noah Neff (ROSE Racing Circle Team).
Gravelbande Marburg dreigeteilt
Die stetig wachsende Gravelbande aus Marburg tanzte am Sonntag des Red Bull Hill Chasers auf gleich mehreren Hochzeiten. Ein Quartett aus Linda Kaierleber, Marcel Kretschmann, Moritz Scheuer und Carlos Herrera reiste für das Road- und Gravel-Rennen nach Gelnhausen, während Marc und Simon an der Gaia Boulderhalle in Marburg einen Gravelhunt Social Ride über 110 Kilometer organisierten. Drei Stunden später bot an gleicher Adresse Moritz Scheidemann eine Ausfahrt für Straßenräder an.
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Matthias Steinberger
Wohnt in Gießen, sitzt als Fachwart MTB im Vorstand des Radsportbezirkes Lahn und engagiert sich als ausgebildeter DOSB-Trainer für den Nachwuchs. Matthias leitete von 2018 bis Mai 2024 das Ressort Mountainbike. Unsere Formate "Wohin am Wochenende" und "Drei Fragen an:" verdanken wir seinen Ideen. Er unterstützte unsere Redaktion sechs intensive Jahre u.a. als stv. Redaktionsleiter. Im September 2024 gab er eine Auszeit bekannt.