Mit den Profifrauen am Arlberg

ST. ANTON AM ARLBERG – Emma Schwarz und Vanessa Nieminen des PZ Gießen Racing Teams starteten mit den Profifrauen im internationalen Radkriterium des Arlberg Giro. Im Radmarathon gelang Julia Schallau aus Allendorf a. d. Lahn eine achtbare Titelverteidigung.

Am vergangenen Wochenende um den 29. und 30. Juli feierte der Arlberg Giro in St. Anton am Arlberg seine zwölfte Auflage. Nach dreijähriger Pause freute sich der Veranstalter besonders auf die Rückkehr des Internationalen Profi-Kriteriums, das am Samstagabend auf einem spektakulären Rundkurs durch das Zentrum des Tiroler Ortes verlief. Ebenfalls Grund zur Freude hatte das erst im Frühjahr gegründete PZ Gießen Racing Team. Sie erhielten eine Einladung für das streng limitierte Kriterium der Frauen, sowie die Möglichkeit zur Teilnahme des Radmarathons am darauffolgenden Sonntag. Für das Frauen Bundesliga Team der RSG Gießen und Wieseck reisten U23 Fahrerin Emma Schwarz aus Passau und Elite Fahrerin Vanessa Nieminen aus Frankfurt in die Tiroler Alpen. In Doppelfunktion begleitete unser Redakteure Matthias Steinberger die beiden Frauen, äußerst kurzfristig, als sportlicher Betreuer. Sein Rad blieb jedoch in Gießen, denn es sollte Regnen – und das nicht zu wenig!

Angereist aus Frankfurt und Passau nur wenige Stunden vor dem ersten Start in der Fußgängerzone in St. Anton am Arlberg. Foto: Matthias Steinberger

Internationales Radkriterium

Das vom Veranstalter als Profi-Kriterium umworbene Radrennen setzte am Samstagabend den ersten Höhepunkt des Arlberg Giro. Dazu eingeladen wurden neben RSG Gießen die Teams Maxx Solar Rose, Union Raiffeisen Radteam Tirol, RSC Auto Brosch Kempten, Wheel Divas, Cookina Graz und Proximus-Alphamotorhomes-Doltcini. Inmitten des Ortskernes erwartete die insgesamt 18 Frauen und 35 Männer ein äußerst anspruchsvoller Rundkurs über zwei Ebenen. Durch enge Gassen, spitze Kurven und über Passagen mit Kopfsteinpflaster ergaben sich pro Runde etwa 1.000 Meter mit zwölf Metern Höhenunterschied. Gefürchtet, nicht nur wegen des unaufhörlichen Regens, war die spektakuläre KTM Kurve am Hotel Schwarzer Adler. Sie ist der letzte Schwung auf die ansteigende Start- und Zielgeraden zu Füßen des Sporthotel St. Anton – in dem die Frauen des Gießener Teams einquartiert waren. Bereits in der Aufwärmphase startete die Live-Übertragung des Studio K19 im Onlinestream. Ehe die Vorstellung der Fahrerinnen erfolgte, durften Emma Schwarz und Vanessa Nieminen, als einzige Frauen, für ein Interview mit Martin Böckle vor die Kamera treten. Er moderierte das gesamte Rennen zusammen mit Jakob Jehle des Tourismusverbandes St. Anton am Arlberg.

Der Veranstalter um Thomas Kofler, Chef der Tour of Austria, freute sich in St. Anton über die große Bühne für den Frauen Radsport. Es war ihm ein wichtiges Anliegen, den insgesamt 18 Frauen ein ebenso prestigeträchtiges Rennen, wie den Männern anzubieten. Im vorherigen Race-Briefing betonte er zudem, dass für ihn das Wohl der Athletinnen und Athleten vor, während und nach dem Rennen an oberster Stelle stehe. Damit verwies er auf die Gefährlichkeit der nassen Rennstrecke und bat um besonders hohe Vorsicht – denn einzelne von ihnen starteten wenige Stunden später ebenfalls im Radmarathon.

Vanessa Nieminen (vorne) und Emma Schwarz erhielten die erste Startreihe des Frauen Profi-Kriteriums. Foto: Matthias Steinberger

Der Start des Frauenrennens war für 18:15 Uhr angesetzt. Vanessa Nieminen und Emma Schwarz durften sich neben einem Trio des stärksten deutschen Bundesliga Teams, Maxx Solar Rose, in der ersten Reihe aufstellen. Unter dem Trio befand sich u.a. die amtierende U23 Straßenmeisterin Leila Gschwentner aus Österreich. Entgegen des gewöhnlichen Kriterium-Modus, bei dem Punkte innerhalb einzelner Wertungsrunden gesammelt werden, erfolgte ein Ausscheidungsfahren bis zur Zielrunde der verbleibenden Top Fünf. Nachdem der Startschuss fiel, setzte sich das limitierte Fahrerinnenfeld mit einer neutralen Einführungsrunde in Bewegung. Ab Runde zwei setzten sich die Teams Maxx Solar Rose und Union Raiffeisen Radteam Tirol schlagartig an der Spitze ab. Ab sofort galt es stets am Hinterrad zu bleiben, aber sein eigenes immer mindestens einer Fahrerin vorzuführen. Jede Runde schied die jeweils letzte aus. Bereits auf der Anreise ein ungewisses Unwohlbefinden beklagt, war es Emma Schwarz, die sich prompt als erste verabschieden musste. Ihre Pulswerte wollten partout nicht aus dem Keller aufsteigen, sodass sie schnell in den Schongang des Hotels verschwand. Vanessa Nieminen ließ sich zuvor auf ihre Teamkollegin Schwarz zurückfallen und kämpfte sich fortan Runde um Runde wieder in das Mittelfeld. Es bildeten sich immer kleinere Gruppen, doch blieben die Abstände gering. Während sich nur noch zwölf Frauen im Rennen befanden, erfolgte der Zusammenschluss. In nachfolgender Runde fiel Nieminen einer allgemeinen Tempoverschärfung auf der Start-/Zielgeraden zum Opfer. Viel mehr wurde sie von Sabrina Zwick (RSC Auto Brosch Kempten), die vehement um eine weitere Runde kämpfte, kurz vor der Durchfahrt in einem impulsiven Sprint abgeschüttelt. Somit schied die in Frankfurt wohnende Veranstaltungsmanagerin auf Platz elf aus dem Rennen. In der verbliebenden Top Fünf angekommen entschied die letzte Runde Lokalmatadorin Leila Gschwentner (Maxx Solar Rose) für sich und riss vor heimischen Publikum die Arme hoch. Ihr folgten Elisa Winter (UNION Raiffeisen Radteam Tirol) und die Niederländerin Deborah Veerman (Proximus-Alphamotorhomes-Doltcini) auf das Podest.

Ergebnisse Kriterium

Die Ergebnisse des Internationalen Kriteriums findet ihr hier.

Bei den Männern, die anschließend im Kriterium-Modus antraten, siegte ein österreichisches Trio um Moran Vermeulen (Team Vorarlberg) vor Daniel Federspiel (Team Felbermayr-Simplon-Wels) und Paul Buschek (Tirol KTM Cycling Team).

Arlberg Giro Radmarathon

Nach dem Rennen, ist vor dem Rennen! Nach ihrem internationalen Platz elf im Kriterium, folgte für Vanessa Nieminen ein eng getakteter Abend. Nur etwa zehn Stunden nach ihrem Zieleinlauf stand bereits der nächste Startschuss für den 12. Arlberg Giro – im wahrsten Sinne des Wortes – vor der Tür. Duschen, Essen, Packen, das zweite Rad vorbereiten und die Logistik des nächsten Tages besprechen. Aufgrund von Bauarbeiten und daraus resultierender Sperrung des Arlbergtunnels erhielt der Veranstalter die Auflage den Giro am Sonntagmorgen um 5 Uhr zu starten. In vielen Unterkünften gab es daher ab 3:30 Uhr ein Frühstücksbuffet.

Keine Fahrt- sondern Uhrzeit! 35 Minuten vor dem Start rasselten die ersten Freilaufnaben durch die dunklen Gassen zum Start des 12. Arlberg Giro. Foto: Matthias Steinberger

Ein späteres Frühstück, zu menschlichen Zeiten, lag Emma Schwarz bevor. Ursprünglich wollte sie ebenfalls den Giro antreten. Die Gefahr eines ungewissen Infektes, der ihr womöglich im Kriterium einen Strich durch die Pulsuhr zog, ließ Sie hingegen von einer Mitfahrt absehen. Darüber hinaus stand der wohl härteste Giro vor der Tür, denn nie zuvor wurden seine Teilnehmenden derartig früh auf die 150 Kilometer lange Rundstrecke mit insgesamt 2.500 Höhenmetern verabschiedet. Zu allem Überfluss verhießen die Wetterprognosen durchgängigen Regen. Beste Bedingungen auch für Nieminen, die sich um 4:50 Uhr von der Hoteltreppe in den ersten Startblock stellen durfte. Erst vor zwei Jahren mit dem Radsport begonnen, erfolgte mit dem Giro zugleich ihre erste Fahrt in den Alpen. Das Wetter bereitete ihr weniger Sorgen. Die Strecke des Giros verläuft gegen den Uhrzeigersinn um die gesamte Verwallgruppe. Unmittelbar nach dem Start offenbarte sich ein zehn Kilometer langer Anstieg von 1.304 m (St. Anton) bis hinauf zum Albergpass auf 1.804 m mit bis zu 15 prozentiger Steigung. Die folgende Abfahrt, über 30 Kilometer Länge, gestaltete sich durch die Dunkelheit und Fahrbahnnässe zu einer großen Herausforderung. Ab Bludenz begann die Talfahrt durch das Montafon hinauf zur Bielerhöhe – dem höchsten Punkt auf 2.032 m, Dem Paznauntal folgend fiel das Profil bis auf 850 m in Pians – ehe die letzten 20 Kilometer und rund 450 Höhenmeter wieder hinauf nach St. Anton führten. Vanessa Nieminen erreichte das Ziel in konstanter Fahrweise nach 5:38 Stunden und durfte sich über eine gelungene Premiere in den Alpen freuen.

Titelverteidigung am Arlberg

In der ersten Startreihe befand sich mit Julia Schallau des Teams Cookina Graz nicht nur eine äußerst erfahrene Bergfahrerin, sondern auch die amtierende Titelverteidigerin des Arlberg Giro. Erst vor fünf Wochen mit Janine Meyer im Team die Tour Transalp gewonnen, belegte die Mittelhessin am Samstagmorgen, vor ihrer Anreise nach St. Anton, den dritten Platz des 43. Kitzbüheler Horn Berg-Radrennen. Valentin Szalay, der mit Schallau aus dem Gießener Stadtteil Allendorf angereist war, belegte ebenfalls den dritten Platz in seiner Klasse der Lizenz Amateure. Szalay begleitete seine Partnerin wie ein treuer Edelhelfer über die Höhenzüge des Giro. Dass Schallau äußerst kraftvoll in die Pedale treten kann, muss sich mittlerweile auch die Onlineplattform Zwift eingestehen. In beachtlicher Verfassung erkämpfte sich Julia Schallau nach 4:29 Stunden den zweiten Sieg in Folge und somit die Titelverteidigung. Zwei Minuten vor ihr erreichte Valentin Szalay im Namen von bnb.bike das Ziel in der Fußgängerzone.

Weitere Mittelhessen im Ziel

Die Höhen und Tiefen des Arlberg Giro absolvierten noch weitere Mittelhessen mit Bravour. Darunter ein Quartett des Fahrradladens Sovelo aus Staufenberg um Inhaber Stefan Solbach (7:36 h), Marc Selzer (6:43 h), Elias Gastmann (6:41 h) und Tobias Buß (6:14 h), sowie Rolf Obertreis der RSG Gießen und Wieseck, der eine Zielzeit von 6:08 Stunden erreichte. Unter falschem Namen gefahren, aber dennoch im Ziel entlarvt, legte Max Lohmaier des RSV Marburg in 4:39 Stunden eine herausragende Zeit hin. Er startete mit der Nummer 101 für Sebastian Hölzle.

Max Lohmaier des RSV Marburg startete unter falschem Namen und fiel uns nach 4:39 Stunden überrascht vor die Linse. Foto: Matthias Steinberger
Ergebnisse Arlberg Giro

Die Ergebnisse des 12. Arlberg Giro findet ihr hier.

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Matthias Steinberger
Stv. Redaktionsleitung | Leitung Fotoredaktion | Ressortleitung Mountainbike, Radreise, Technik | Formatchef "Wohin am Wochenende" | mst@radsportnachrichten.com

Wohnt in Gießen, treibt seit dem Jahr 2018 das Ressort Mountainbike voran und ist Erfinder und Leiter des Formats "Wohin am Wochenende". Als Stv. Redaktionsleiter ist er eine Säule der Redaktion und zählt zum Inventar. Seine Wurzeln liegen im XC-Sport und führten durch mehrere Stationen. Der noch immer aktive Ausdauersportler ist keineswegs festgefahren. In unserer Redaktion stürzt er sich voller Begeisterung in die Welt des Radsports.

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