Droste auf großer Fahrt: “Wollte den Leuten etwas zeigen”

FRANKFURT/GIESSEN – Die bloße Tatsache, dass er beim Radklassiker “Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt” startet, wäre für den Gießener Jan-Niklas Droste schon ein großer Moment in seiner radsportlichen Laufbahn gewesen, doch er machte mehr daraus.

Jan-Niklas Droste bei Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt

Das was er aus dieser Möglichkeit machte, prägte seine sportliche Geschichte und die der 52. Auflage des ehemaligen Radrennens „Rund um den Henninger Turm“. Doch der Reihe nach.

Vom Mountainbike aufs Rennrad

Innerhalb von nur vier Jahren hat der gebürtige Niedersachse mit dem Beginn seines Medizin-Studiums in Gießen den Umstieg vom Mountainbike auf das Rennrad vollzogen und sich dabei in Windeseile vom Amateur zum Radprofi katapultiert. Mit der Rennsport-Sparte der Radfahrervereinigung 1904/27 Gießen-Kleinlinden, in deren direkter Nachbarschaft er inzwischen wohnt und mit deren Fahrern er nach wie vor trainiert, lernte Droste 2011 den Radklassiker “Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt” kennen. Im Rennen der U23-Fahrer war damals in den Anstiegen des Taunus schon Schluss, als Droste den Anschluss an das Feld der Bundesligafahrer verlor. Ein Jahr später gehörte es im MLP-Radteam selbst zu den Bundesligafahrern und sicherte sich an gleicher Stelle Platz 22. Durch die vielfach starken Resultate des vergangenen Jahres wurde Droste zum Radprofi und steht seit dieser Saison im bayerischen Team Heizomat unter Vertrag, mit dem er jetzt das Eliterennen “Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt” erneut in Angriff nehmen durfte.

Frühe Flucht

Zwischen den 184 Radprofis aus 23 Teams hatte sich Droste zum Ziel gesetzt, im Eliterennen „ein paar Akzente zu setzen“. Herausgekommen ist eine neunköpfige Ausreißergruppe mit der sich Droste bereits 15 Minuten nach dem Start in Eschborn abgesetzt hatte und die die ersten 100 der 200,6 Kilometer Renndistanz bestimmte. Fast vier Minuten Vorsprung hatten sich Droste und seine Weggefährten Marcel Sieberg (Lotto-Belisol), Paul Voß (NetApp-Endura), Michael Morkov (Saxo-Tinkoff), Sébastien Reichenbach (IAM), Tim Gebauer (Stölting), Georg Preidler (Argos-Shimano) sowie das NSP-Ghost-Duo Michael Schweizer und Sven Forberger erarbeitet.

Team Heizomat mit zweitem Ass

Jan-Niklas Droste bei Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt

Doch die Strecke des Radklassikers war in seiner 52. Austragung auch historisch schwer: Gleich vier Mal musste der bis zu 26 Prozent steile Mammolshainer Hang überfahren werden, an dem sich Zuschauermassen drängten, um einen Blick auf die schmerzverzerrten Gesichter der Radprofis zu erhaschen. „Es war unglaublich. So viele Menschen an der Strecke haben meinen Namen gerufen und mich angefeuert“, zeigte sich Droste von der Atmosphäre an der Strecke begeistert. Familie, Freunde und Vereinskollegen zu Hause im niedersächsischen Rinteln und in seiner Wahlheimat Gießen saßen gespannt vor dem Fernseher. Gut drei Stunden fuhr Droste vor den Fernsehkameras des hessischen Rundfunks, der das Rennen live übertrug. „Das war ein Ziel von mir. Wenn ich schon im Profirennen dabei bin, wollte ich den Leuten auch etwas zeigen“, sagte Droste, der sich auch noch beständig an der Spitze hielt, als die neunköpfige Ausreißergruppe bei der zweiten Passage des Mammolshainer Hangs langsam auseinander zu fallen begann. „Wir hatten ohnehin einen anderen Mann für ein vorderes Ergebnis vorgesehen. Johannes Weber ist unser Bergfahrer, für den es heute galt“, schilderte Droste die Ausrichtung seiner Heizomat-Mannschaft. Zwei weitere Male musste der 80kg schwere Gießener über das Steilstück fahren und außerdem vier weitere Bergwertungen – in Frankfurt-Riedberg, am Feldberg, am Ruppertshainer und an der Kittelhütte – überstehen. Dabei konnte er einmal als Dritter der Wertung bei Rennkilometer 62 an der Kittelhütte Bergpunkte ergattern.

Zwischensprints zahlen sich aus

Doch Droste wäre nicht Radprofi, wenn er keinen Plan-B für einen Erfolg parat gehabt hätte. In vier von sieben abgenommenen Sprintwertungen konnte Droste punkten. In Bad Homburg (Rennkilometer 34) und Schwallbach (103) gewann er eindrucksvoll den Zwischenspurt, wurde Vierter in Oberursel (41) und Zweiter in Sulzbach (101) und erreichte damit, was den deutschen Top-Sprintern verwehrt blieb: Er sicherte sich das Sprinttrikot der 52. Auflage von “Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt”.

Jan-Niklas Droste bei Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt

«Wir haben den Start verschlafen und mussten diesen Fehler mehr als die Hälfte der Strecke ausbügeln», erklärte der Eschborner Lokalmatador Tony Martin  (Omega Pharma-Quick Step), dessen Mannschaft in der frühen Ausreißergruppe nicht vertreten war. Nachdem diese Gruppe um den Gießener Droste gestellt war, hatte Martin selbst eine Attacke im Mammolshainer Anstieg lanciert, die jedoch nicht den gewünschten Erfolg hatte. Die Sprinter John Degenkolb (Argos-Shimano), Andrè Greipel (Lotto Belisol) und Gerald Ciolek (MTN-Qhubeka) verzockten auch das Finale an der Frankfurter Alten Oper und konnten den Slowenen Simon Spilak (Katusha) und den Italiener Moreno Moser (Cannondale) ganz knapp nicht mehr stellen. Nur auf Rang drei platziert folgte Sprint-Ass André Greipel.

Zufriedene Bilanz

In hohem Tempo war auch Jan-Niklas Droste nach den Schleifen im Taunus mit rund 2.800 Höhenmetern in den Beinen zurück nach Frankfurt geeilt. Auf der drei Mal zu fahrenden Zielrunde in den Häuserschluchten der Frankfurter Innenstadt hatte die Spitze des Rennens zwar bereits eine Runde absolviert, als Droste und seine Begleiter den Schlussparcours erreichten. Dass er deshalb ohne bezifferte Platzierung nach 200,6 Rennkilometern gewertet wurde, war für Droste aber kein Makel. Das gewonnene Sprinttrikot, Platz 48 seines Teamkollegen und Bergspezialisten Johannes Weber und seine mehrstündige Fernsehpräsenz waren für Droste mehr als eine Erfüllung seiner Ziele für die Premiere als Radprofi beim größten deutschen Radklassiker. (sd)

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Stephan Dietel
Gründer | Redaktionsleitung | CvD | Ressortleitung Straße | Leitung Multimediaredaktion | sd@radsportnachrichten.com

Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.

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