Heimweltcup mit Tücken für Noah Jung

ALBSTADT – Vor einem tosenden Publikum durfte Noah Jung von der RSG Gießen und Wieseck das Weltcup-Rennen im süddeutschen Albstadt bestreiten. Er startete im Trikot der deutschen Nationalmannschaft in eines der weltweit ranghöchsten Cross Country Rennen.

Am vergangenen Wochenende um den 6. bis 8. Mai entstand in der Schwäbischen Alb ein Mekka des olympischen Mountainbikesports. Rund vier Wochen nach seinem Saisonauftakt in Brasilien zog der internationale Tross der UCI Mountainbike Cross Country Weltcupserie nach Albstadt-Tailfingen. Das Bullentäle, Herzstück der vier Kilometer langen Rennstrecke, stand sinnbildlich in Flammen. Erstmalig seit der Pandemie durften sich wieder unzählige Zuschauende entlang des Rundkurses versammeln.

Anreise für Deutschland

Für den Wiesecker Mountainbiker Noah Jung ist es jedes Jahr eine Ehre und Freude zugleich, für das deutsche Nationalteam auf die Alb reisen zu dürfen. Er genoss die Atmosphäre nicht nur als Zuschauer inmitten der Weltelite, sondern auch selbst als Rennfahrer zwischen den Absperrbändern. Bereits am Donnerstag (05.05.) befand sich der amtierende U23 Hessenmeister vor Ort um im Teamtrikot von DELTA-BIKE.de erste Trainingsfahrten zu absolvieren. Die Strecke wird in der Weltcupserie mit mittelschweren Technik-Passagen bewertet, doch überzeugt umso mehr mit beachtlich steilen Anstiegen (Uphills). Für letzteres wird sie seitens der Weltelite durchaus gefürchtet. Die technischen Abschnitte verlaufen im Bullentäle größtenteils über tonhaltigen Boden, der sich inmitten der Woche durch wechselhafte Regenfälle äußerst schmierig entwickelte. Das offizielle Training am Freitag stellte Noah vor keine größeren Schwierigkeiten. Er findet sich bei schlammigen Bedingungen bestens zurecht. Am entscheidenden Samstag war das U23 Fahrerfeld dennoch froh auf eine weitestgehend abgetrocknete Rennstrecke starten zu dürfen.

Startplatzpech bei Cross Country Rennen
aus der Redaktion

Wer sich in einem Cross Country Rennen (XCO) an der Spitze beweisen möchte, benötigt von Beginn an einen Startplatz in den ersten vier Reihen. Andernfalls ist man nahezu zum Scheitern verurteilt. In seltenen Fällen gelingt eine Aufholjagd aus dem hinteren Drittel in das vordere – wenn mehr als acht Startreihen entstehen. Wir erklären euch die Umstände.

In der Startaufstellung reihen sich bis zu acht Personen nebeneinander auf. Bereits wenige Meter nach dem Startschuss erfolgt ein Trichter-Effekt. Hinter der ersten Kurve finden häufig nur maximal vier Personen nebeneinander Platz. Nach der zweiten Kurve beginnt oftmals der erste Single-Trail. Vergleichbar mit einer Fahrbahnverengung auf Autobahnen bilden sich lange Rückstaus bis hin zum Stillstand. Während dessen bewegt sich das vordere Feld ungehindert im Rausch der Geschwindigkeit. Der Vorsprung auf das dicht gedrängte Hauptfeld wächst Runde um Runde stetig an. Einen solchen Abstand aufzuholen ist schier unmöglich. Hierzu wären die vorgelegten Rundenzeiten der Führungsspitze um deutlich mehr als 100 Prozent zu überbieten. Eine solche Leistung führt weit über den anaeroben Leistungsbereich hinaus.

Noah Jung Weltcup Albstadt 2022
Klassischer Fahrerrückstau nach dem Start in enge Passagen. Foto: Merlin Muth / EGO-Promotion

Start in den Heimweltcup

Das Teilnehmerfeld der U23 Klasse umfasste 151 Spitzenathleten aus 30 Nationen. Darunter Noah Jung im Trikot der deutschen Nationalmannschaft, der trotz seiner insgesamt 17 UCI Weltranglistenpunkte von Startplatz 112 ausgehend auf die unzähligen Rückennummern seiner Kontrahenten blicken musste. Seine UCI Punkte summieren sich aus einem fünften Platz bei den Deutschen Meisterschaften 2021 in Gedern, sowie der jüngsten Austragung der MTB Bundesliga in Heubach, dessen zweitschnellste deutsche Platzierung in den Beinen steckt. Um 15:30 Uhr fiel der Startschuss auf die vier Kilometer lange Rundstrecke, dessen 190 Höhenmeter starke Kletterfähigkeiten erforderten. Auf eine verkürzte Einführungsrunde folgten fünf weitere in voller Länge. Dabei bot die erste Runde nur bedingt die Möglichkeit sich von Beginn an nach vorne zu arbeiten. Noah kennt die Strecke bereits aus vorangegangenen Jahren und unterlag den Tücken seines hinteren Startplatzes.

„Ich wusste, dass man nur mit Glück in der ersten Runde viele Plätze gutmachen kann. Leider wurde ich, wie viele andere Fahrer, durch zwei Stürze vor mir, sowie eines Fahrerstaus bei den ersten engen Passagen ausgebremst und fiel dadurch zunächst auf eine Position um Platz 130 zurück. Ab der zweiten vollen Runde konnte ich mein Tempo endlich ohne Verzögerungen durch alle Teilpassagen fahren und fuhr Runde um Runde um weitere Plätze nach vorne.“

Noah Jung

Im Zielsprint ergab sich letztlich ein kämpferisches Duell gegen den belgischen Nationalfahrer Sander Hubrechts, das Noah auf dem 85. Platz für sich entscheiden konnte. Insgesamt gelang es nur vier seiner deutschen Kollegen, sich auf vorderen Plätzen einzufinden. Tobias König belegte als schnellster Deutscher den 39. Platz. Mit einem Vorsprung von 37 Sekunden dominierte der amtierende Weltmeister Martin Vidaurre aus Chile (Lexware MTB Team) das Rennen als überlegener Sieger.

Angesichts seines Sturzes mit Aufgabe des Rennens in 2021 zeigte sich Noah äußerst erleichtert: „Ich bin super stolz für Deutschland an der Startlinie gestanden zu haben und glücklich über meine sehr solide Leistung im Rennen.“ 

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Matthias Steinberger
Stv. Redaktionsleitung | Leitung Fotoredaktion | Ressortleitung Mountainbike, Radreise, Technik | Formatchef "Wohin am Wochenende" | mst@radsportnachrichten.com

Wohnt in Gießen, treibt seit dem Jahr 2018 das Ressort Mountainbike voran und ist Erfinder und Leiter des Formats "Wohin am Wochenende". Als Stv. Redaktionsleiter ist er eine Säule der Redaktion und zählt zum Inventar. Seine Wurzeln liegen im XC-Sport und führten durch mehrere Stationen. Der noch immer aktive Ausdauersportler ist keineswegs festgefahren. In unserer Redaktion stürzt er sich voller Begeisterung in die Welt des Radsports.

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