Erste Bestmarken an „neuer“ Schmelz markiert

LOLLAR/WETTENBERG – Nach acht Jahren Pause kehrte das Bergzeitfahren an der Schmelz bei Lollar-Salzböden jetzt zurück und brachte neue Bestmarken hervor, die für das Rennen eine neue Zeitrechnung bedeuten. Über 100 Startende waren angetreten.

Auf diese Zahl hatten viele aus der heimischen Radsportszene mit Spannung gewartet: 9:18 Minuten sind die erste Bestzeit im Bergzeitfahren an der Schmelzmühle auf neuem Asphalt.

Die Straße durch den Krofdorfer Forst, zwischen Lollar-Salzböden und Krofdorf-Gleiberg hatte kürzlich auf insgesamt neun Kilometern einen durchgehend neuen Belag bekommen. Seit der Fertigstellung Mitte April stand sie bei Rennradfahrenden damit wieder hoch im Kurs, nachdem sie zuletzt als Flickenteppich aus immer wieder auftretenden Schäden und deren notdürftiger Reparaturen wohl besser mit Mountainbikes hätte befahren werden können.

Neue Zeitrechnung an der Schmelz

Zuletzt fand im Jahr 2015 das Bergzeitfahren an der Schmelz statt, das die RSG Gießen und Wieseck dort traditionell ausrichtete und dessen Fahrzeiten eine angesehene Standortbestimmung in der heimischen Radsportszene waren. Umso gespannter war man, wie sich der neue Asphalt in den Fahrzeiten bemerkbar machen würde. Mit der Strecke in perfektem Zustand begann für das Bergzeitfahren an der Schmelz aber wortwörtlich eine neue Zeitrechnung, denn das Ziel wurde um einige Hundert Meter nach hinten verlegt. „Es war uns schon immer ein Anliegen, wirklich ganz hoch zu fahren“, sagte Florian Anders, der das Rennen als Organisationsleiter bei der Radsportgemeinschaft Gießen und Wieseck in die Neuzeit überführte. Statt am Parkplatz vor dem Waldhaus wurde jetzt noch die letzte Kuppe dahinter mitgenommen. Fast fünf Kilometer ist der Kampf gegen den Berg und die Uhr jetzt lang und frühere Rekorde auf der kürzeren Strecke sind damit in die heimische Radsportgeschichte gemeißelt, oder besser gesagt asphaltiert.

„Die Schmelz ist ja eigentlich kein Berg“

Florian Anders
Florian Anders im Bergzeitfahren an der Schmelz

„Die Schmelz ist ja eigentlich kein Berg“, ordnete Florian Anders ein. Aber ein Abschnitt im Wald mit unterschiedlich steilen Steigungen, auf jetzt sehr gutem Straßenbelag und mit sehr hoher Anziehungskraft: 104 Startende wollten sich im Bergzeitfahren an der „neuen“ Schmelz messen. Das Interesse am Rennen war trotz oder gerade wegen der achtjährigen Rennpause sehr groß und noch größer als erwartet. „Wir mussten leider sogar einen Fahrer ohne Startplatz nach Hause schicken“ sagte Anders, denn das Kontingent an Nachmeldungen für das Jedermann-Rennen war vor Ort dann erschöpft. „Beim nächsten Mal am besten die Voranmeldung nutzen und kein Risiko eingehen, leer auszugehen“, konnte er ihm mit auf den (Nachhause-)Weg geben. Vielleicht blieb derjenige aber auch da, um zu schauen, welche Zeiten die Startenden in den neuen Asphalt traten und ihm und vielen anderen damit eine Vorlage für die Zeit bis zur nächsten Austragung lieferten. Dann soll es noch mehr Startplätze für Spätentschlossene geben. Vielleicht ist dann auch Radprofi Miguel Heidemann dabei, der seinen Start in der Männer-Klasse kurzfristig absagen musste und die spannende Frage, welche Marke er wohl an der Schmelz hinterlassen würde, noch nicht beantworten konnte.

Ein Rennen für mehrere Wertungen

Zur Wiederauflage dieses beliebten Heimrennens kamen weit gereiste Gäste auch aus anderen Bundesländern zum Wertungsrennen für den Hessen Berg-Cup. Der Radsportbezirk Lahn freute sich, wieder seine Bezirksmeisterschaft im Bergzeitfahren ausfahren zu können und die ausrichtende RSG Gießen und Wieseck gab ihren Mitgliedern die Möglichkeit, hier um die Vereinsmeisterschaft zu fahren.

Zum Beginn durften Fahrerinnen und Fahrer ohne Rennlizenz im Jedermann-Rennen auf die fast fünf Kilometer lange Strecke mit 170 zu meisternden Höhenmetern. Marc Santo von der RV Gießen-Kleinlinden war mit 09:46,27 Minuten der Schnellste in dieser Klasse, vor dem aus dem heimischen Laufsport bekannten Florian Dufner (10:19,54 Minuten, TSV Krofdorf-Gleiberg) und Leo Galfe (10:32,58), die so auch die Jedermann-Männerklasse bestimmten. Dufner schnappte sich nach Platz zwei im Bergzeitfahren am Folgetag noch Platz zwei im Naunheimer Lahnparklauf. Matthias Steinberger (RSG Gießen und Wieseck/Radsportnachrichten.com) war mit 11:10,57 Minuten schnellster Jedermann-Master vor Georg Golega (11:40,24) und Mario Hildebrand (11:44,72, Melsunger TG). Schnellste Frau war Madeleine Bähr (13:31,09, RSV Marburg) vor Conny Henze (13:44,44, RC 07 Fulda) und Anke Bender (14:05,87).

Europameister setzt seine Marke

Augustin Otto fuhr mit Tageslizenz des AMC Rodheim-Bieber und 12:02,62 Fahrzeit zu Platz zwei in der Jugend U17 hinter Emil Dossche (10:32,78, RSG Frankfurt). Für Fachleute war dann der Start von Max Bock von der RFG Guntersblum ein sehr interessanter Moment, denn der 18-jährige aus Nierstein in Rheinland-Pfalz, der für das Team Marco Brenner fährt, war kürzlich erst Europameister im Bergzeitfahren geworden. Diese Europameisterschaft wurde erstmalig ausgefahren und fand am St.-Gotthard-Pass in der Schweiz statt. Was Bock an der Schmelz fahren würde, war daher von großem Interesse. 09:18,20 Minuten war seine beachtlich schnelle Fahrzeit, die an diesem Tag niemand mehr unterbieten konnte. Doch auch dahinter blieb es mit der Bezirksmeisterschaft des Radsportbezirk Lahn interessant. Moritz Klingelhöfer von der RSG Buchenau schnappte sich als Dritter der Junioren mit 12:14,55 Minuten Fahrzeit den Titel des Bezirksmeisters im Bergzeitfahren. Ihm gleich, tat es sein Vereinskollege Daniel Schulz-Thomé in 10:42,51 Minuten als Sieger und Bezirksmeister der Masters 2, vor Thorsten Dresing vom RSV Marburg mit 10:56,74 Minuten.



Fotostrecke: Impressionen am Startbereich.
Fotos: Matthias Steinberger
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Stärke am Berg und im Flachen gefordert

Die Zeitmessanlage des Radsportbezirk Lahn mit ihrer Lichtschranken-Technik machte auch den kleinsten Unterschied im Kampf um Tagessiege und Wertungen im Ziel deutlich. Nur 0,54 Sekunden fehlten Lokalmatador Christian Schmidt (RSG Gießen und Wieseck/Team pro-juventute.org) zum Sieg bei den Masters 3. Den schnappte sich Volker Brockhagen vom RSC Göttingen in 10:11,46 Minuten. Dritter wurde Sascha HUassmann vom RSV Nassovia Limburg in 10:20,91 Minuten. Eine Kehre etwas weiter außen und dafür flacher angesteuert? Die Kette einen Gang kleiner und damit mehr auf Umdrehungen und weniger auf Kraftausdauer gefahren? Das Bergzeitfahren an der Schmelzmühle erfordert eine gute Einteilung, zumal nach den Steigungen noch ein langes Flachstück folgt, für das man, wie schon unten, das große Kettenblatt auflegen können sollte, um quasi noch ein flaches Einzelzeitfahren zu absolvieren, bevor es über den Schlussanstieg geht. Christian Schmidt durfte sich als Gesamtzweiter über die Bezirksmeisterschaft des Radsportbezirk Lahn vor dem Kleinlindener Alexander Koop (10:56,97, Radroo Team) und Sebastian Schröder (11:26,02, RSV Marburg) freuen. Vierter wurde Axel Goers (11:42,81) auf Gesamtrang zehn.



Fotostrecke: Rennen der Hobbyklasse, U19, Masters 2 bis 4, Amateure und Elite-Amateure.
Fotos: Tobias Zappe
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Erst Zwischenruf, dann Tagessieg

Das Lizenz-Rennen der Frauen gewann Mara Becker vom PZ Gießen Racing Team. Das war umso souveräner, weil sie 60 Sekunden vor ihrem Start bei Teamchef Torsten Günther noch nach der Länge der Strecke fragte. Was wie eine sehr kurzfristige Vorbereitung wirkte und für einen Zwischenruf „Du bist ja bestens vorbereitet“ sorgte, war am Ende eine erstklassige sportliche Vorstellung nach 11:25,36 Minuten auf Platz eins der Frauen mit Rennlizenz. Sabrina Müller vom SSV Bunstruth / MTB Team Bunstruth war kürzlich im Sommer-Trainingslager mit dem Mountainbike gestürzt und wurde Zweite mit 11:32,92 Minuten. Als Dritte durfte sich Kerstin Brachtendorf (11:41,23, BPRSV), die mit Zeitfahrrad und Scheibenlaufrad unterwegs war, über eine der besonderen, selbst entworfenen und in Holz gefrästen Medaillen der RSG Gießen und Wieseck freuen, die ihr bei der Siegerehrung im Biergarten der Gaststätte Schmelzmühle übergeben wurde. Das die Siegerehrungen direkt nach der jeweiligen Rennklasse stattfanden, war dem Organisationsleiter Florian Anders von der RSG Gießen und Wieseck ebenso wichtig, wie Dr. Peter Pagels, dem Vorsitzenden des Radsportbezirk Lahn, die Siegerehrung der Bezirksmeisterschaft anschließend im Block in diesem feierlichen und sommerlichen Ambiente vornehmen zu können. Als Bezirksmeisterin der Frauen war Birgit-Jüngst Dauber vom Flowtrail Sport Club Bad Endbach auf Gesamtrang sechs nach 11:58,19 Minuten im Ziel. Das Rennen überhaupt fahren zu können, hatte sie schon im Startbereich sehr erfreut, denn ein technisches Hindernis am Ventil ihres Fahrrades hätte dies beinahe verhindert.



Fotostrecke: Siegerehrungen Frauen, U23, Amateure, Elite-Amateure, Masters 3 bis 4 und Bezirksmeisterschaft Lahn Männer Elite.
Fotos: Tobias Zappe
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Vereinsmeisterschaft des Ausrichters

Der Gießener Student Luca Adler (TV Bad Orb) war mit seiner Fahrzeit von 09:39,96 Minuten Zweitschnellster aller Startender an diesem Tag und schnappte sich damit den Sieg der U23-Fahrer vor Merlin Cambeis (09:54,69, Crabbé – CC Chevigny). Ob Adler mit dem Drittplatzierten, seinem WG-Mitbewohner Rico Libesch (10:09,08, Team HWG Gedern) eine WG-Meisterschaft ausfuhr, wurde nicht bekannt. Wohl aber, dass die Mitglieder der RSG Gießen und Wieseck um eine Vereinsmeisterschaft fuhren und die ging in 09:56,91 Minuten an Stefan Wahner vor Wolf Eckhard (10:02,93) und Florian Anders (10:13,27). Eckhard war damit Dritter der Amateure und Wahner wurde Zweiter der Elite-Amateure. In der Bezirksmeisterschaft der Männer Elite schob sich mit 09:57,87 Minuten Maximilian Lohmaier vom RSV Marburg zwischen die beiden. Für dieses Jahr sind damit die Karten am Gradmesser des heimischen Radrennsports gelegt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse des Bergzeitfahrens an der Schmelz findet ihr hier.

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Stephan Dietel
Gründer | Redaktionsleitung | CvD | Ressortleitung Straße | Leitung Multimediaredaktion | sd@radsportnachrichten.com

Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.

Matthias Steinberger
Stv. Redaktionsleitung | Leitung Fotoredaktion | Ressortleitung Mountainbike, Radreise, Technik | Formatchef "Wohin am Wochenende" | mst@radsportnachrichten.com

Wohnt in Gießen, treibt seit dem Jahr 2018 das Ressort Mountainbike voran und ist Erfinder und Leiter des Formats "Wohin am Wochenende". Als Stv. Redaktionsleiter ist er eine Säule der Redaktion und zählt zum Inventar. Seine Wurzeln liegen im XC-Sport und führten durch mehrere Stationen. Der noch immer aktive Ausdauersportler ist keineswegs festgefahren. In unserer Redaktion stürzt er sich voller Begeisterung in die Welt des Radsports.

Tobias Zappe
Newsdesk | Redakteur Fotoredaktion | tz@radsportnachrichten.com

Aufgewachsen zwischen Odenwald und Spessart und nun wohnhaft im schönen Mittelhessen. Durch seine Teilnahme an zahlreichen Wettkämpfen entstanden Verknüpfungen zu vielen Fahrern. Seit 2019 bereichert Tobias unsere Redaktion durch ein vielseitiges Wissen aus der Wettkampf orientierten Szene und unterstützt die Fotoredaktion bei Schwerpunkt-Veranstaltungen,

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